In unserem Unternehmen bin ich immer wieder mit der Frage konfrontiert ob es auch zu Strafen kommen kann, welche die am Transport beteiligten Personen (Befüller, Verpacker, Absender, Gefahrgutbeauftragte) persönlich bezahlen müssen?
Sind solche Fälle bekannt - wenn ja unter welchen Bedingungen (zB. nur bei grober Fahrlässigkeit)?
Danke!
Re: Strafe für die Beteiligten
[Re: AndyG]
#543721.08.200712:24
wer letztlich die Bußgelder bezahlen muss, bzw. Adressat eines Bußgeldbescheides ist hängt von der Organisationsstruktur in den jeweiligen Unternehmen ab.
Handelt es sich bei dem Verpacker, Verlader etc. um eine beauftragte Person, so ist diese Adressat des Bußgeldbescheides. Ist die Person, die verlädt, verpackt etc. aber lediglich ein Mitarbeiter, der auf Weisung arbeitet, so kann er eigentlich nicht Adressat eines Bußgeldbescheides sein, hier kämen jedoch u.U. bei eine groß fahrlässigen Verstoß gegen Betriebsanweisung arbeitsrechtliche Konsequenzen in Frage.
Gruß aus Gießen Mario
Nicht vergessen : "Mensch bleiben"
Re: Strafe für die Beteiligten
[Re: AndyG]
#543821.08.200715:32
Die Verantwortungen und Strafbestimmungne findest du in Österreich ja im GGBG. Es gibt da grob gesagt nur 3 Personenkreise die verwaltungstrafrechtlich belangt werden können. Der GB, der Lenker und der Unternehmer der als Verlader/Beförderer usw... agiert. Sofern man als Unternehmer nicht als Privatperson agiert, ist immer der handelsrechtliche Geschäftsführer verantwortlich.
Diese Verantwortung kann er nur nach §9 Verwaltungsstrafgesetz (VStG)einvernehmlich an einem "verantwortlichen Beauftragten" übertragen
VStG (Österreich) § 9. (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Ich hoffe dir damit gedient zu haben lg Rupert
Have a nice day!
Re: Strafe für die Beteiligten
[Re: Rupert]
#543922.08.200718:02
in der Praxis ist das immer nicht so einfach. Bei Verstößen die nicht der Fahrer begangen hat, schreibe ich als Bußgeldbehörde den Geschäftsführer des Unternehmens persönlich an, wer das ist, ist zu diesem Zeitpunkt nicht bekannt. In einigen Fällen reicht der Geschäftsführer den Anhörbogen einfach an den untersten Mitarbeiter (manchmal habe ich auch den Eindruck, dass große Unternehmen extra dafür jemanden haben, der nicht zahlungsfähig ist) weiter. Der füllt den Anhörbogen mit seinen Angaben aus und gibt teilweise auch auf Anweisung den Verstoß zu. Ich gehe dann davon aus, dass der Geschäftsführer geantwortet hat und erlassen den entsprechenden Bescheid. Sollte ich das jedoch herausbekommen (Gewerbeanzeige, Registergericht etc.), ist der Geschäftführer dann nach § 111 OwiG (Verweigerung der Angaben zur Person) zusätzlich dran und das eigentliche Bußgeldverfahren ist in der Regel auch noch nicht verjährt. Übrigens das Thür. Oberlandesgericht stellt an das Übertragen der Pflichten nach § 9 OwiG erhebliche Anforderungen. Die Vorlage eines Arbeitsvertrages, in dem die Übertragung festgelegt ist, ist das mindeste was die Behörde bzw. das Amtsgericht zu Prüfen hat.
Mit freundlichen Grüßen Thomas Damm
Freundliche Grüße Thomas Damm
Re: Strafe für die Beteiligten
[Re: TDamm]
#544023.08.200708:17
Ein Unternehmer hat seine Pflichten nach § 9 GGVSE an einen seiner Mitarbeiter in Form einer Bestellungsurkunde zur beauftragten Person schriftlich übertragen. Diese Bestellung wurde im Unternehmen auch entsprechend bekanntgegeben, mit der Anweisung, dass bei allen Vorgängen im Zusammenhang mit der Beförderung gefährlicher Güter dieser Mitarbeiter zu beteiligen ist.
Nun tritt der Fall ein, dass ein anderer Mitarbeiter (ohne jeglichen Gefahrgutsachverstand und natürlich ohne zu wissen, dass es sich überhaupt um Gefahrgut handelt) Gefahrgut versendet. Die zuständige bP wurde dann folglich auch nicht beteiligt. Dass das Versandstück nicht den Gefahrgutvorschriften entsprach, kann sich jeder vorstellen. Falls es in diesem Fall zur Kontrolle und Beanstandung käme, würde der Unternehmer den Bogen wahrscheinlich zunächst an seine bP weiterleiten. Diese würde ordnungsgemäß geltend machen, dass sie ja gar nicht beteiligt wurde und für den Verstoß nicht verantwortlich sei (was m.E. ja auch stimmt).
Wer würde denn letztendlich zur Verantwortung gezogen?
Der Mitarbeiter, der das Gefahrgut in Unkenntnis versandt hat (Unwissenheit schützt vor Strafe nicht)?
Möglicherweise der Unternehmer, obwohl er alle angewiesen hat, dass die bP zu beteiligen ist (mit der schriftlichen Übertragung seiner Pflichten ist für ihn das Thema Gefahrgut natürlich vom Tisch)?
Wäre evtl. der Abteilungsleiter des "Übeltäters" auch mit im Boot, weil er nicht dafür gesorgt hat, dass die Weisung des Unternehmers (Beteiligung der bP) in seiner Abteilung umgesetzt wurde (kann es sein, dass dieser Abteilungsleiter aufgrund seiner leitenden Funktion sowieso als bP zu betrachten ist, obwohl er gar nicht schriftlich explizit als bP für Gefahrgut bestellt ist?
Hatten Sie (oder natürlich andere Forenmitglieder) bereits ähnlich gelagerte Fälle, in denen dann jemand zahlen musste?
Ich wäre brennend an den Ergebnissen interessiert!
Das mag in Deutschland zwar alles zu treffen, aber in Österreich gibt es im Gefahrgut reicht leider - oder zum Glück - keine "beauftragte Person" oder "sonstige verantwortliche Person".
Im Anhang das österreichische Gefahrgutbeförderungsgesetz
in einem solchen Fall greift § 130 OwiG, sogenanntes Organisationsverschulden des Unternehmers oder Betriebsinhabers. Er hat seinen Betrieb so zu organisieren, dass nichts schief geht. Innerbetrieblich greift das Arbeitsrecht. Es dürfte nicht zu Versandhandlungen kommen, ohne dass derjenige der die Handlung vornimmt, geschult und unterwiesen ist. Der Unternehmer muss durch geeignete Verfahren nachweisen können, dass er alles getan hat, um solche Fehler zu unterbinden. Dazu gehört nicht nur die Pflichtenübertragung sondern auch die Kontrolle auf Einhaltung. Es kann immer wieder mal etwas schief gehen, in vielen Fällen merkt es auch keiner, aber wenn, dann muss der Chef den Kopf hinhalten. Es ist dann eine Ermessensentscheidung der Behörde, was alls "strafmildernd" betrachtet wird. Einen konkreten Fall habe ich leider nicht.
leider ist mir ein Fall, wie von Ihnen beschreiben, noch nicht in die Finger gelangt. Wahrscheinlich werden solche Betriebsinterna auch selten bekannt. Dazu kommen auch noch die zu erwartenden Probleme als Arbeitnehmer. Ich konnte mir gut Vorstellen, dass der Gefahrgutahnungslose für den Organistaionsverschuldner (Leiter) den Kopf hinhält, ohne es bekannt zu geben. Ansonsten schließe ich mich Inhaltlich voll der Meinung von Herrn Leithold an.
PS: Was halten eigentlich die Praktiker vom Abschöpfen des wirtschaftlichen Vorteils, der durch die begangene Ordnungswidrigkeit entstanden ist, bei der Firma anstelle eines Bußgeldes?
Mit freundlichen Grüßen Thomas Damm
Freundliche Grüße Thomas Damm
Re: Strafe für die Beteiligten
[Re: TDamm]
#544424.08.200707:17
ich weiß nicht wie ich ihre Frage interpretieren soll. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass Thüringen mit der bisherigen Höhe der Bußgelder nicht mehr zufrieden ist. Nach meiner Kenntnis liegen die Bußgelder, im Zusammenhang mit der Vermögensabschöpfung, nämlich weit höher als normal. Es wird spannend werden, ob sich hier im Forum jemand äußert, wie man durch Missachtung von z. B. Gefahrgutvorschriften Geld einsparen kann:))))
Thüringen ist keines Falls unzufrieden mit der in der RSE - Bund festgelegten Bußgeldhöhen. ganz im Gegenteil, diese Sätze sind wegen der finanziellen Lage einiger Betroffener gar nicht festsetzbar und schon gar nicht bei Gericht durchsetzbar. Somit wäre durchaus in einem Fall denkbar, anstelle des hohen Bußgeldes den wirtschaftlichen Vorteil des Unternehmens abzuschöpfen. Dabei könnte ich mir auch den Vorteil durch geringen Aufwand in Zeit eines Unternehmens vorstellen. Machen wir uns doch nichts vor. In einigen mittelständigen Firmen wird ganz schön an Wissen, an Schulungen und am Aufwand für einen sicheren Gefahrguttransport und nicht zuletzt auch an einem nach dem Gesetz zu beschäftigenden GB gespart. Ein Beispiel zum Geldsparen, ist das Weiterverwenden von mobilen 1000 Liter Tankstellen, obwohl die letzte Prüfung bereits 16 Jahre her war und das Teil eigentlich Schrott ist. Gruß Thomas Damm