Gefahrgut-Foren.de
vorheriges Thema
nächstes Thema
Thema drucken
Seite 2 von 2 1 2
Re: Neue ICAO / IATA Standards 30% SOC [Re: Floridacargocat] #21773 19.05.2016 14:47
Registriert: Dec 2004
Beiträge: 1,663
DJSMP Offline
Held der Gefahrgutwelt
Offline
Held der Gefahrgutwelt
Registriert: Dec 2004
Beiträge: 1,663
Antwort auf
Es ist mir gelungen, die IEC 61960 (Fassung 06-2011) zu bekommen. In dieser Ausgabe steht nur, wie man SOC 100% bestimmen kann. SOC 30% wird nicht erwaehnt und es wird auch keine Methode aufgefuehrt. Letztendlich also eine ICAO / IATA Anforderung, welche gegenwaertig mit Standardmethoden (IEC) rein technisch nicht nachvollziehbar ist und demzufolge im Streitfall nicht verwertbar ist. Es gibt aber einen Haufen an wissenschaftlichen Veroeffentlichungen ueber Methoden zur Bestimmung des SOC 30%.
Ich stelle mir jetzt die Frage, ob die zwei anderen angefuehrten IEC Normen (IEC 62133 und IEC 62660) dasselbe Manko beinhalten. Vielleicht hat jemand der LIB Gurus eine Antwort?


Gleichwohl sind Antworten hier hilfreich. Die Kunden sehen mich ja auch hilfesuchend an und ich kann nicht helfen.

Mir liegen die zitierten Normen nicht im Wortlaut vor. Die allgemeine Lesart im Internet ist aber, dass keine dieser zitierten Normen eine wirkliche Möglichkeit für die Praxis aufzeigt.

Re: Neue ICAO / IATA Standards 30% SOC [Re: DJSMP] #21774 07.06.2016 18:45
Registriert: Jan 2009
Beiträge: 277
F
Floridacargocat Offline OP
Urgestein
OP Offline
Urgestein
F
Registriert: Jan 2009
Beiträge: 277
Nur zum nachdenken. Ein heute ganz normales Handy (cellphone) ist durchaus in der Lage, den genauen Ladezustand in % anzugeben. Warum geht das bei anderen wiederaufladbaren Batterien nicht auch?

Re: Neue ICAO / IATA Standards 30% SOC [Re: M.A.T.] #21775 22.06.2016 16:50
Registriert: Feb 2002
Beiträge: 81
Erwin Sigrist Offline
Vollmitglied
Offline
Vollmitglied
Registriert: Feb 2002
Beiträge: 81
Diese Feststellung von Methusalem M.A.T. ist so nicht ganz richtig. Für den Transport gefährlicher Güter auf dem Luftwege bzw die entsprechenden Vorschriften ist, wie hier bestimmt alle wissen, das ICAO Dangerous Goods Panel zuständig. Die Pilotenvereinigung IFALPA hatte mehrmals beim DGP beantragt, solche Batterien für den Lufttransport zu verbieten. Beim ICAO DGP/25 im Okt. 2015 gab es deswegen eine hitzige Debatte. Eine kleine Mehrheit sprach sich GEGEN ein Verbot aus. U.a. weil dann, nicht ganz auszuschliessen, solche Lith-Batt undeklariert versandt werden und auch weil zahlreiche Länder nicht mit Frachtflugzeugen erreicht werden können.
Bei der nächsten Sitzung des dem DGP übergeordneten Gremium, dem ANC - Air Naviation Commission, gab es dort einen Antrag diese Lith-Batt zu verbieten. Dass die IFALPA dabei involviert war ist eine unbewiesene Behauptung. Und das ANC setzte sich über das DGP hinweg und beschloss dieses Verbot: den Transport von UN 3480 als Fracht auf Passagierflugzeugen. Allerdings mit dem Hinweis, dass dieses Verbot nur so lange bestehen solle, bis die Batterien sicher befördert werden können (in Umschliessungen die einem eventuellen Feuer widerstehen können.)
Dass der SoC nicht einfach rasch geprüft werden kann ist das Eine. Dass es lt Experten auch Batterien gibt, welche bei einem SoC von über 30 % sicherer sind, das Andere.

Beim bevorstehenden UN-SCETDG, welches vom 27.6. - 6.7.2016 in Genf stattfindet, wird u.a. ein Antrag von PRBA (Dok.2016-42) diskutiert, einen neuen Eintrag in die DG-List aufzunehmen für "Lithium-Ion-Batteries for Medical Devices". Das ist was wir in der Schweiz als "Trick 77" bezeichnen. Ob PRBA damit Erfolg haben wird - we'll see!

Dies ein wenig Hintergrundinfo für dieses Forum. Fortsetzung vielleicht mal in Textform in der GeLa :-)

Viele Grüsse an alle
Erwin Sigrist

Adviser von CEFIC beim DGP

Zuletzt bearbeitet von Erwin Sigrist; 22.06.2016 16:51.

scienceindustries
Wirtschaftsverband Chemie Pharma Biotech
Zürich / Schweiz
Re: Neue ICAO / IATA Standards 30% SOC [Re: Erwin Sigrist] #21776 23.06.2016 21:02
Registriert: Jul 2011
Beiträge: 2,844
M.A.T. Online
Held der Gefahrgutwelt
Online
Held der Gefahrgutwelt
Registriert: Jul 2011
Beiträge: 2,844
Hallo, Herr Sigrist,
haben Sie vielen Dank für diese Hintergrundinformationen. Sicher helfen sie, die Genese einzuschätzen.

Antwort auf
Diese Feststellung von Methusalem M.A.T. ist so nicht ganz richtig.


Ich vermute, Sie beziehen sich auf diese meine Aussage:
"Auf gut deutsch also: Schnellschuß der Rechtsetzungsorgane ohne es vorher durchdacht zu haben."

Aus Ihrer Schilderung konnte ich nun nicht entnehmen, daß bei den Diskussionen das Problem der 30 %-Feststellung angesprochen worden wäre. Falls es diskutiert wurde, so haben Sie vielleicht eine Quelle? Das wäre erleuchtend.

Zum Problem Lithiumbatterien möchte ich aber etwas grundsätzlich anmerken. Seit der Aufnahme in die Vorschriften haben diese Geräte mehr Vorschriftenänderungen nach sich gezogen (einschließlich diverser und häufiger Multilateraler Vereinbarungen, Änderungen der SV und der PI quer über die Verkehrsträger) als irgendwelche anderen UNNR seit den 80ern. Warum ist das so? Könnte es sein, daß es an der grundfalschen Einstufung von Anbeginn an liegt? Wenn man es rein von der Gefährdung aus betrachtet - und darum geht es beim Gefahrgutrecht ja - dann gibt es hier 3 Faktoren: Fest, schwer vorhersehbare (spontane) Selbstentzündlichkeit und Wasserreaktivität im Brandfall. Hätte man diese Geräte rein nach diesen Gefahren klassifiziert wäre der Klassifizierungscode SW in Kl. 4.2 mit Zusatzgefahr 4.3 herausgekommen, bzw ERG-Kodex 4W. Auf dieser Basis wäre es problemlos möglich gewesen, die Beförderungsbedingungen festzuschreiben, auch wenn das logisch zum Ausschluß, wie z.B. bei UN 3393, vom Lufttransport geführt hätte.
Aus Ihrem Beitrag lese ich, daß zwei Gründe gegen das PAX-Verbot sprachen. Einmal, daß es undeklarierte Transporte geben würde, sodann, daß manche Gebiete nicht mit Frachtmaschinen bedient werden. Nun ist die Übertretung von Vorschriften gerade kein Argument gegen die Vorschriften, sondern gerade eines dafür, einschließlich konsequenter Kontrolle. Und ob ein Gebiet "nur" mit anderen Verkehrsträgern erreichbar ist sollte doch nicht Vorrang vor der Sicherheit von vielen Menschen haben. Ich kann darum nicht nachvollziehen, warum dieses Verbot nicht akzeptiert wurde, zumal ja immer die Möglichkeit besteht, wichtige Güter über Ausnahmen und genau bestimmte Umschließungen (siehe die Pionierarbeit dazu in D, mit der BAM) zu befördern.
All dies hätte man vor einer Klassifizierung in die Auffangklasse 9 überlegen und durchdenken sollen, mit Priorität für die menschlische Sicherheit. Das ist angesichts der Vielzahl an seitherigen "Nachbesserungen" offensichtlich nicht geschehen. Ich möchte daher meine zitierte Feststellung aufrechterhalten, lasse mich aber gerne durch Dokumente überzeugen, daß hier doch wirtschaftliche Aspekte nicht sicherheitliche übertrumpften.
Herzliche Grüße an Sie, werter Herr Sigrist, und herzlichen Dank für die Informationen, die Sie so kollegial bereitgestellt haben.
M.A.T.

Re: Neue ICAO / IATA Standards 30% SOC [Re: M.A.T.] #21777 07.07.2016 15:00
Registriert: Feb 2002
Beiträge: 81
Erwin Sigrist Offline
Vollmitglied
Offline
Vollmitglied
Registriert: Feb 2002
Beiträge: 81
Hallo M.A.T.

Sie sprechen mir ja grundsätzlich aus dem Herzen mit Ihren Gedanken. Vor vielen Jahren diskutierte ich mal die "Problematik" von Gefahrgutvorschriften mit einem ehemaligen Vorsitzenden der "Gemeinsamen Tagung RID-ADR-ADN". Er sagte mir dazu: "Regeln werden gemacht für Leute die Regeln befolgen!". Klingt sehr trivial ist aber natürlich grundsätzlich richtig. Wenn auf einer Strasse eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 80 km/h gilt, dann kann keine Behörde jeden Autofahrer dazu zwingen, sich daran zu halten. Der Vergleich hinkt aber natürlich: wenn ein Autofahrer (oder eine Autofahrerin!) sein/ihr Auto in eine Wand steuern oder auf einem Baum parken (parkieren :-)will dann betrifft es in der Regel nur ihn bzw sie. Wenn ein Flugzeug abstürzt weil sich jemand um die Vorschriften futiert, so sieht es etwas anders aus.
ABER: wenn man das Verhalten der ICAO als Massstab nimmt und dies wiederum auf obiges Beispiel überträgt würde dies bedeuten, dass eine bestimmte Strasse nicht mehr befahren werden dürfte weil sich eine dumme Nuss (Verzeihung!) nicht an die Geschwindigkeitsvorschriften hält. Oder, etwas konkreter, ein bestimmter Stoff (Catecholboran) wird für den Transport per Flugzeug verboten (seit 1.4.2016) weil jemand die Vorschriften nicht gelesen hat.
Man kann die Problematik drehen und wenden wie man will: eine perfekte Lösung wird es nie geben, auch wenn es in den Gremien teilweise Teilnehmende gibt, die offenbar dieser Meinung sind. Vielleicht sollten wir eine Selbsthilfegruppe auf Facebook gründen...
Noch eine letzte Anmerkung betreffend den Ausnahmen: Ja - theoretisch kann man sich eine Ausnahmegenehmigung geben lassen von der nationalen Behörde. Aber Hand aufs Herz: keine nationale Behörde, wie z.B. das LBA in Deutschland oder das BAZL in der Schweiz wird das Risiko übernehmen und eine Sondergenehmigung in Übereinstimmung mit irgendeiner Sondervorschrift erteilen. Der beste Beweis ist die klare Aussage des LBA, dass man keine Genehmigungen für einen SoC von über 30 % erteilen wird. Vielleicht werden auch Behördenvertreter Mitglieder unserer Selbsthilfegruppe :-)

Ich kann nur allen Versendern von Gefahrgütern dringend empfehlen, sich immer an die geltenden Vorschriften zu halten, damit man jederzeit ohne rote Ohren zu bekommen in den Spiegel gucken kann!

Herzliche Grüsse aus dem wunderbar sonnigen Zürich

Erwin Sigrist


scienceindustries
Wirtschaftsverband Chemie Pharma Biotech
Zürich / Schweiz
Re: Neue ICAO / IATA Standards 30% SOC [Re: Erwin Sigrist] #21778 20.07.2016 08:19
Registriert: Dec 2004
Beiträge: 1,663
DJSMP Offline
Held der Gefahrgutwelt
Offline
Held der Gefahrgutwelt
Registriert: Dec 2004
Beiträge: 1,663
Antwort auf

Ich kann nur allen Versendern von Gefahrgütern dringend empfehlen, sich immer an die geltenden Vorschriften zu halten, damit man jederzeit ohne rote Ohren zu bekommen in den Spiegel gucken kann!


Alles richtig und 100% Zustimmung! Aber in unserem Fall lässt sich die Vorschrift nicht einhalten, weil sich der Ladezustand nun einmal nicht bestimmen lässt. Und daraus folgt dann die Schlussfolgerung, dass man nicht versenden kann. Und das kann es ja nicht sein.

Seite 2 von 2 1 2

Kostenloser Gefahrgut-Newsletter

Wöchentlicher Gefahrgut-NewsletterWöchentlich die aktuellsten News vom Gefahrgut-Portal gefahrgut.de - mit dem Newsletter "ecomed-Storck Gefahrgut".

Suche

Aktuell wird diskutiert
Einstufung
ansteckungsgefährlicher Stoffe

von stefan_gssa - 17.04.2025 14:17
Schaden durch Wickelfolie
von UBurkhard - 17.04.2025 09:42
Druckgasbehälter / zugelassene Produkte
von Feuerstein - 17.04.2025 07:54
Produkttipps

Präsentiert von
ecomed SICHERHEIT und Storck Verlag Hamburg
Marken der ecomed-Storck GmbH
www.ecomed-storck.de
Foren-Regeln | Impressum | Datenschutz | Newsletter | Datenschutz-Einstellungen
Powered by UBB.threads™ PHP Forum Software 7.7.3