Hallo Jackaroo,
teilweise haben die anderen Kollegen schon die relevanten Punkte angesprochen. Meine Sicht der Dinge wäre wie folgt:
Prinzipiell dürfen leere Spraydosen/Druckgaspackungen auch als LQ befördert werden. Allerdings würde ich davon abraten, denn dann müssen diese gebrauchten Spraydosen nach wie vor die gleichen Anforderungen wie neue Spraydosen erfüllen. Sie müssen dicht sein; insbesondere müssen das Ventil und die Schutzkappe noch vorhanden sein. Die Spraydosen sind bei LQ-Beförderung ordentlich in eine Außenverpackung einzusetzen und dürfen sich nicht übermäßig bewegen.
Für Abfall-Spraydosen kann dieser Standard nicht immer garantiert werden. Deshalb dürfen Abfall-Druckgaspackungen gem. SV 327 (Abschnitt 3.3.1 ADR) in Verbindung mit P207/PP87 bzw. LP02/L2 ohne Schutzkappe und Ventil befördert werden und sie dürfen auch ungeordnet im losen Wurf in eine Außenverpackung eingebracht werden. Die möglichen Varianten der Beförderung von Abfall-Druckgaspackungen sind in Nr. 3-2 RSEB beschrieben. Aus meiner Sicht ist die Variante in Nr. 3-2.2 RSEB anwendungsfreundlicher und diese Variante entspricht in ihrer Substanz auch der Rechtslage vor ADR 2013. Allerdings gelten die RSEB formal nur in den Bundesländern, die sie eingeführt haben, darunter Bayern. In den anderen Bundesländern kann man darauf hoffen, dass die Vollzugsorgane die gleiche Interpretation anwenden.
Die Außenverpackung muss nicht baumusterzugelassen sein, wenn die Höchstmengen in Verpackungsvorschrift P 207 b) beachtet werden. Die Außenverpackung ist mit Gefahrzetteln und mit der Kennzeichnung «UN 1950 AEROSOLE» (SV 625) zu versehen. Außerdem ist für ausreichende Belüftung und für Aufsaugmaterial zu sorgen. Die Beschichtung der Verpackung und/oder ein antistatischer, genadelter Inliner verhindern, dass eine Verpackung aus Pappe bei eventuellem Produktaustritt aufweicht. Für das Beförderungspapier gilt Absatz 5.4.1.1.3 ADR. Die Beförderung darf nur in offenen oder belüfteten Fahrzeugen/Containern erfolgen (SV V14). Für Verladung und Umschlag sind die von Gerald bereits genannten SV CV9 und CV12 zu berücksichtigen.
Spraydosen, egal ob voll oder leer, sind immer in einer Außenverpackung/Großverpackung zu befördern. Sie gelten jedoch nicht als Innenverpackung, sondern als Gegenstand (vgl. Begrifflichkeit in SV 625). Druckgaspackungen (Aerosole) sind an Stelle des UN-Symbols der Vereinten Nationen für Verpackungen gemäß Unterabschnitt 6.2.6.4 ADR in Verbindung mit Artikel 3 der Richtlinie des Rates
75/324/EWG mit dem Zeichen "3" (umgekehrtes Epsilon) gekennzeichnet, das in die diesem Fall die Vorschriftenkonformität bestätigt.
Undichte oder stark verformte Abfall-Druckgaspackungen müssen in Bergungsverpackungen befördert werden, vorausgesetzt, es werden geeignete Maßnahmen ergriffen, um einen gefährlichen Druckaufbau zu verhindern. Die sonst übliche Verwendung von Bergungsdruckgefäßen für defekte Gefäße mit Stoffen der Klasse 2 ist nicht vorgesehen.
Da Spraydosen Gegenstände sind, trifft die Freistellung in Unterabschnitt 1.1.3.5 ADR allein schon aus formalen Gründen nicht zu. Diese Freistellung bezieht sich ausschließlich auf leere Verpackungen, leere IBC und leere Großverpackungen, jedoch nicht auf Gegenstände. Auch aus technischen Gründen scheidet eine Beförderung gem. Freistellung in Unterabschnitt 1.1.3.5 ADR aus meiner Sicht aus. Selbst wenn das eigentliche Produkt (Rasierschaum, Lack, Ofenreiniger etc.) verbraucht ist, dann befindet sich in der Regel immer noch eine gefährliche Treibgasrestmenge in der Spraydose. Ansonsten könnten die leeren Spraydosen ja gleich zum Altmetall gegeben werden. Auch manuelles Aufdornen oder Aufbohren leerer Spraydosen ist wegen der gefährlichen Treibgasrestmenge aus Arbeitsschutzgründen nicht zulässig.
Die von Österreich initiierte mulitalerale Ausnahme
M222 geht ebenfalls davon aus, dass UN 1950 Abfall-Druckgaspackungen dem Gefahrgutrecht unterliegen. Die
M222 legt vereinfachte Klassifizierungskriterien (Nr. 2.1) und Kriterien für die Beförderung als Schüttgut (Nr. 4.1) fest. Die
M222 gilt bis zum 02.08.2015 und kann für Beförderungen in und zwischen den Signatarstaaten Österreich, Liechtenstein, Tschechien und Italien angewendet werden.
Neben den Vorschriften des Gefahrgutrechts sind außerdem die Annahme-/Übernahmebedingungen des Entsorgers zu berücksichtigen, damit von Haus aus gleich die passende Verpackung gewählt wird. Wenn Deine Freundin auch in Bayern lebt und arbeitet, dann ist eine regionale Entsorgungsgesellschaft für die Beseitigungsabfälle ihres Arbeitgebers zuständig (
Art. 10 BayAbfG) und die entsprechende
Kundeninformation dieser Entsorgungsgesellschaft wäre zu beachten.
Schöne Grüße.
P.S. Wäre die Frage nicht besser im Abfallforum aufgehoben?