im ADR 2013 wird es Änderungen zur Beförderung von Abfall-Spraydosen (UN 1950, DRUCKGASPACKUNGEN) geben. Die Sondervorschrift SV327 und die Vorschrift für Großverpackungen LP02 in Verbindung mit L2 bleiben inhaltlich unverändert weiter bestehen. Ab 2013 wird in SV327 jedoch nicht mehr auf die Verpackungsvorschrift P003 in Verbindung mit PP17/PP87 verwiesen, sondern auf die neue Verpackungsvorschrift P207 in Verbindung mit PP87.
In der neuen Verpackungsvorschrift P207 wird für Spraydosen (egal ob Verkaufsware oder Abfall) gefordert, dass sie bewegungsunfähig zu verpacken sind. Wörtlich heißt es: "Die Verpackungen müssen so ausgelegt und gebaut sein, dass Bewegungen der Druckgaspackungen und eine unbeabsichtigte Entladung unter normalen Beförderungsbedingungen verhindert werden."
Die SV327 regelt lediglich den Verzicht auf den Schutz gegen unbeabsichtige Entladung der Abfall-Spraydosen. Zum "bewegungsunfähigen Verpacken" erfolgt keine Freistellung; die SV327 wird im ADR 2013 nicht entsprechend angepasst oder ergänzt.
Wie kann die Forderung "Verhindern von Bewegungen" in der Praxis umgesetzt werden? Für Abfall-Spraydosen aus der Problemmüllsammlung von Haushalten werden meistens starre Außenverpackungen aus Pappe mit perforiertem Kunststoff-Inliner oder mit flüssigkeitsabweisender Beschichtung sowie "umgewidmete" IBC's, jeweils mit Lüftungsschlitzen, verwendet. Der Boden der Verpackung wird mit einer Schicht Aufsaugmaterial bedeckt. Die Abfall-Spraydosen werden derzeit lose und ungeordnet mit angemessener Vorsicht in die Außenverpackung "geworfen".
Bis zur zwingenden Anwendung von ADR 2013 bleibt zwar noch Zeit; dennoch möchte ich jetzt schon meine Fragen stellen, damit bei der Neubeschaffung zukunftstaugliche Außenverpackungen eingekauft werden:
1. Wie sehen entsprechend ausgelegte und gebaute Außenverpackungen aus, die Bewegungen von Abfall-Spraydosen verhindern? Zu berücksichtigen ist dabei, dass es sich um ein Gemisch von Spraydosen mit unterschiedlicher Form und Größe handeln kann. Wer kennt Lieferanten für solche Spezial-Pappkartons? 2. Können Abfall-Spraydosen gemäß P207 auch weiterhin im "losen Wurf" in den Außenverpackungen befördert werden? Wie ist dann gewährleistet, dass sich die Spraydosen bei Erschütterugen oder Bremsvorgängen während des Transports nicht in der Außenverpackung bewegen? 3. Müssen bzw. dürfen die Außenverpackungen zukünftig ggf. bis zum oberen Rand mit Aufsaugmaterial/Inertmaterial aufgefüllt werden, damit die Bewegungsunfähigkeit garantiert ist? Oder gibt es eventuell andere Lösungen, die weniger Kosten (Materialkosten und gesteigerte Entsorgungskosten aufgrund des höheren Gewichts) verursachen?
Bei der P207 soll es sich um eine Harmonisierung mit den Lufttransportvorschriften handeln. Abfalltransport auf dem Luftweg mag ja vielleicht bei Auslandseinsätzen von Streitkräften vorkommen, ist aber für Fehlchargen aus der heimischen Produktion oder für Problemmüll aus Haushalten eher unüblich. Warum deshalb der Abfalltransport auf dem Landweg den gleichen Regeln wie beim Lufttransport unterworfen sein soll, erschließt sich mir nicht. Und völlig unlogisch erscheint es mir, dass sich Abfall-Spraydosen in Großverpackungen (z.B. in Gitterboxen mit 50A-Zulassung) weiterhin bewegen dürfen, während die gleichen Abfall-Spraydosen in normalen Außenverpackungen bewegungsunfähig verpackt werden müssen.
Vor allem ruhig bleiben und sich nicht irgendwelche unnötigen Spezialbehälter andrehen lassen. Eine ordentlich gerüttelte lose Schüttung bewegt sich doch nicht (zwinker). So weit ich weiß, ist der Hintergrund tatsächlich nur die Harmonisierung mit Lufttransport, sonst wäre die P207 in der Form gescheitert. Änderungen für die Praxis sind eher nicht zu erwarten. Gruß Hagen
Re: Spraydosen-Abfälle: Verhindern von Bewegung
[Re: Hagen]
#1521706.07.201215:01
Danke für die Einschätzung. Wir würden es auch begrüßen, wenn alles wie gehabt weiterlaufen kann. Bleibt zu hoffen, dass die Kontrollorgane bei einer "ordentlich gerüttelten losen Schüttung" mit dem gleichen Auge zwinkern. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/wink.gif" alt="" />
Schöne Grüße.
Re: Spraydosen-Abfälle: Verhindern von Bewegung
[Re: Hagen]
#1521812.11.201221:23
ein wenig verunsichert bin ich jetzt doch. Auf dem Schweizer Gefahrguttag in Luzern wurde am 14.09.12 ein Referat von Hr. Norbert Müller, DB-Schenker AG, Essen, zum ADR 2013 gehalten. In dem Referat wurde darauf hingewiesen, dass der Transport von Abfall-Spraydosen im "losen Wurf" mit Einführung der Verpackungsvorschrift P207 nicht mehr zulässig sein wird; die Abfall-Spraydosen müssen bewegungsunfähig verpackt werden. Was meint die Gefahrgutgemeinde dazu?
Hallo King_Louie_21, im ADR 2013 wird die P 003 durch die P 207 ersetzt, denn die P 003 war etwas sehr Allgemein geschrieben. So mancher hat Säcke für Druckgaspackung eingesetzt! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/frown.gif" alt="" />
In der vergangenen Zeit hat es vermehrt Unfälle mit Druckgaspackung UN 1950 im Bezug mit der Beförderung gegeben, weil eben "in loser Schüttung" möglich, wobei der Hinweis im ersten Absatz letzter Satz".., dass eine unbeabsichtigte Entladung der Gegenstände unter normalen Beförderungsbedingungen verhindert werden."nicht beachtet wurde.
Der Hinweis in der RSEB Ziffer 1-1 im Bezug auf Beispiele für erforderliche Maßnahmen im Sinne von "normalen Beförderungsbedingungen ", wurde auch nicht immer beachtet.
In der neuen P 207 können nur "Fässer" oder "Kisten" zum Einsatz kommen, und der letzte Satz sagt " Die Verpackungen müssen so ausgelegt und gebaut sein, dass Bewegungen der Druckgaspackungen und eine unbeabsichtigte Entladung unter normalen Beförderungsbedingungen verhindert werden. "
Das hat zur Folge, daß die Verpackungsanweisung P 207 doch etwas genauere Festlegungen trifft, wie z.B." Die Verpackungen müssen so ausgelegt und gebaut sein, dass Bewegungen der Druckgaspackungen und eine unbeabsichtigte Entladung unter normalen Beförderungsbedingungen verhindert werden. "
Bei Abfalldruckgaspackung würde ich über die LP 02 gehen und hier gibt es Hersteller von Großverpackungen, welche entsprechende Verpackung entwickelt haben. Wenn man dann z.B. mit Polstermateriel von Oben und Unten arbeitet, könnte man die Auflagen der P 207 einhalten.
Gruss aus Unterfranken
Gerald
Re: Spraydosen-Abfälle: Verhindern von Bewegung
[Re: Gerald]
#1522018.11.201221:16
Danke für Deine Antwort. Dein Vorschlag, die Abfall-Spraydosen mit ausreichend Polstermaterial abzudecken, kann eine gute Lösung sein, um die Bewegung der Spraydosen in einer starren Verpackung zu verhindern. <img src="/ubbthreads/images/graemlins/smile.gif" alt="" /> Dann spart man sich das Ausfüllen sämtlicher Freiräume in der Verpackung mit einem Füllstoff. Die Abdeckung mit Polstermaterial (z.B. billige Luftpolsterkissen) lässt sich aus meiner Sicht auch umsetzen, wenn eine kostengünstige P207-Außenverpackung verwendet wird. Beachtet werden muss nur, dass die Lüftungsschlitze der Außenverpackung nicht durch das Polstermaterial blockiert werden.
Zu drei Punkten möchte ich noch etwas anmerken:
Antwort auf
In der vergangenen Zeit hat es vermehrt Unfälle mit Druckgaspackung UN 1950 im Bezug mit der Beförderung gegeben, weil eben "in loser Schüttung" möglich, wobei der Hinweis im ersten Absatz letzter Satz".., dass eine unbeabsichtigte Entladung der Gegenstände unter normalen Beförderungsbedingungen verhindert werden."nicht beachtet wurde.
Von diesen Unfällen habe ich auch gehört, wobei sie anscheinend mit dem bisherigen Instrumentarium schon hätten vermieden werden können, wenn die existierenden Vorschriften beachtet worden wären. Die SV 327 wird im ADR 2013 nicht geändert und für die Abfall-Spraydosen gilt weiterhin: "Sie müssen nicht gegen unbeabsichtigtes Entleeren geschützt sein, vorausgesetzt, es werden Maßnahmen getroffen, um einen gefährlichen Druckaufbau und die Bildung einer gefährlichen Atmosphäre zu verhindern." Hier stellt sich allerdings ggf. die Frage, ob es einen Unterschied zwischen einem "Schutz gegen unbeabsichtigtes Entleeren" (SV 327) bzw. dem "Verhindern einer unbeabsichtigten Entladung" (P003/P207) gibt. In der französischen Version wird ebenfalls eine unterschiedliche Wortwahl verwendet ("fuites accidentelles"/"decharge accidentelle"), während in der englischen Version sowohl in SV 327 wie auch in P003/P207 nur der Ausdruck "inadvertent discharge" benutzt wird. Warum wird da in der deutschen und französischen Fassung ein Unterschied gemacht und was meinen die Vertragsstaaten genau?
Antwort auf
In der neuen P 207 können nur "Fässer" oder "Kisten" zum Einsatz kommen, [...]
Die bisher schon nach P003/PP17 zulässigen anderen starren Außenverpackungen aus Pappe oder aus einem Werkstoff als Pappe dürfen aus meiner Sicht auch im Rahmen der P207 weiterhin verwendet werden, wenn die unter Buchstabe b) genannten Höchstmengen nicht überschritten werden. Eine Baumusterzulassung ist wie bislang für die unter b) genannten Außenverpackungen nicht erforderlich.
Antwort auf
Bei Abfalldruckgaspackung würde ich über die LP 02 gehen und hier gibt es Hersteller von Großverpackungen, welche entsprechende Verpackung entwickelt haben. Wenn man dann z.B. mit Polstermateriel von Oben und Unten arbeitet, könnte man die Auflagen der P 207 einhalten.
Bei einer LP02-Großverpackung ist das Verhindern von Bewegung auch zukünftig nicht vorgeschrieben; da bräuchte man eigentlich gar keinen entsprechenden Schutz. Mich stört an der neuen P207, dass hier für (kleine) Verpackungen hohe Anforderungen in Bezug auf den Schutz gegen Bewegung gestellt werden, während dies bei Großverpackungen nach wie vor keine Rolle spielt. Zudem sind die LP02-Großverpackungen ziemlich teuer und nur für große Jahresmengen rentabel, so dass die meisten Abfallerzeuger vermutlich bei den P003/P207-Verpackungen bleiben werden.
Hallo King_Louie_21, besten Dank für Deinen Beitrag.
Antwort auf
...unter normalen Beförderungsbedingungen...
Hier würde ich für Deutschland von der RSEB Ziffer 1-1 zweite Strichaufzählung ausgehen, wo z.B. Schutzkappen gefordert werden.
Antwort auf
...Zudem sind die LP02-Großverpackungen ziemlich teuer...
Ich denke bei der Wahl der Verpackung kommt es immer auf die Menge an. Natürlich sind bei Anwendung der LP 02 Erleichterungen.
Wenn die Menge für eine Großverpackung zuviel ist, dann kannst Du ja die Verpackung (hängt als Datei an) nutzen, sie ist bestimmt Preisgünstiger als eine Großverpackung.
Aber wenn ich die SV 327 nutze, dann muss ich auch die P207 beachten.
das bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie vertritt die Ansicht, dass die seit ADR 2013 gültige Verpackungsanweisung P 207 neue Anforderungen an die Beförderung von Abfall-Druckgaspackungen stellt, die ich hier sinngemäß wiedergebe:
Das Schutzkonzept der SV 327 sieht in Verbindung mit P 207 vor, dass Abfall-Druckgaspackungen ohne Ventilschutzkappen zur Wiederaufarbeitung oder Entsorgung befördert werden dürfen. Sie dürfen ungeordnet in die Verpackung eingebracht werden; es muss jedoch mittels geeigneter Maßnahmen sichergestellt werden, dass die Ventile nicht durch Bewegungen während der Beförderung ungewollt betätigt werden und Restgase in die Verpackung gelangen. Hierzu können die Freiräume in der Verpackung mit geeignetem Füllstoff (Sand, Absorptionsmaterial) aufgefüllt werden. Absorptionsmaterial ist bereits im Rahmen der PP 87 erforderlich, allerdings nur in Mengen, die zur Aufnahme frei werdender Flüssigkeiten genügen, und die Verpackungen müssen ausreichend belüftet sein.
Zu den ebenfalls zugelassenen Großverpackungen äußert sich das bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr nicht. Somit dürfen die Abfall-Spraydosen weiterhin in den Großverpackungen (LP 02 in Verbindung mit L 2) ohne Fixierung im «losen Wurf» befördert werden. Widersprüchlich erscheint es dann schon, dass die wesentlich kleineren Kartons (starre Außenverpackung aus Pappe) im Rahmen der P 207 vollständig mit Sand oder anderem Füllstoff aufgefüllt werden sollen.
Gibt es in den anderen Bundesländern auch schon Äußerungen der zuständigen Behörden?
In den RSEB 2013 soll folgender Passus geplant sein, der der bereits in Bayern angewandten Interpretation entspricht:
«Bei Anwendung der P 207 für die Beförderung von Abfall-Druckgaspackungen sind Maßnahmen zu treffen, durch die vermieden wird, dass bei Bewegungen der Druckgaspackungen Restgase in die Verpackung gelangen, die zu einer gefährlichen Atmosphäre führen. Dies kann z.B. durch Einfüllen von Bindemitteln oder auch anderen Stoffen wie Sand erreicht werden.»
Quelle: Vortrag von Frank-Georg Stephan in Schlaitz am 25. April 2013 (Gefahrgut-Treff des Landes Sachsen-Anhalt). Der Vortrag bietet auch noch weitere Ausblicke auf Änderungen und Neuerungen in den RSEB.
Hallo Gefahrgutkolleg(inn)en, rein in die Kartoffeln - raus aus den Kartoffeln! Was wollen Ministerialbürokratie in den Bundesländern, das BMVBS und die Vertragsstaaten? <img src="/ubbthreads/images/graemlins/confused.gif" alt="" /> <img src="/ubbthreads/images/graemlins/crazy.gif" alt="" /> <img src="/ubbthreads/images/graemlins/grin.gif" alt="" />
Für die Sitzung vom 24.06.13-28.06.13 wurde dem UN-Expertengremium vom BMVBS ein Antrag vorgelegt, der die P207 inhaltlich wieder auf den alten Stand der Regelung bis einschließlich ADR 2011 (P003, PP17/PP87) bringen soll. Der Antrag des BMVBS sieht vor, dass Spraydosen nur noch gegen unbeabsichtigte Entladung, aber nicht mehr gegen Bewegungen in der Verpackung geschützt werden sollen. Über die SV 327 bleiben Abfall-Spraydosen weiterhin vom Schutz gegen unbeabsichtigtes Entleeren befreit. Außerdem soll für die LP02 der Schutz gegen unbeabsichtigte Entladung eingeführt werden und flexible Großverpackungen sollen nicht mehr zulässig sein. Fundstelle für den deutschen Antrag (ST/SG/AC.10/C.3/2013/7): Packagings for aerosols bzw. Emballage des aérosols
Vorausgesetzt, der Antrag des BMVBS wird angenommen, dann dauert die Umsetzung der Änderung ins ADR/RID mindestens bis 2015, wenn nicht bis 2017. Und bis dahin sollen Unternehmen sowie Privathaushalte über die Müllgebühren trotzdem die Entsorgung von mit Sand aufgefüllten Kartons zahlen, in denen sich ein verschwindend geringer Gewichtsanteil mit leeren Abfall-Spraydosen befindet, ohne dass ein Sicherheitsgewinn vorhanden ist?
Immerhin ist dem BMVBS zu Gute zu halten, dass es den Unsinn und die Widersprüche in der aktuellen Fassung der P207 erkannt hat und eine Änderung herbeiführen will. Darüber hinaus wäre es zu begrüßen, wenn die Anwendung dieser Erkenntnis bereits jetzt mittels mutlinationaler Ausnahme oder anderweitig vorgezogen werden könnte. Wenn man schon mal dabei ist, Korrekturen vorzunehmen, dann sollte in der französischen sowie in der deutschen Fassung der P207 und der SV 327 außerdem eine einheitliche Begrifflichkeit herbeigeführt werden (entweder "Verhindern einer unbeabsichtigten Entladung/decharge accidentelle" oder "Schutz gegen unbeabsichtigtes Entleeren/fuites accidentelles").
Schöne Grüße.
Zuletzt bearbeitet von King_Louie_21; 14.06.201305:00.