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Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar #8642 07.05.2009 20:29
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MarkusR Offline OP
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Hallo zusammen,

ich hätte mal eine Frage:

Ich bin an Fastnacht in eine Polizeikontrolle gekommen, nachdem ich meine Freundin von einer Veranstaltung abgeholt habe. Die Polizeibeamten konnten bei mir natürlich keinen Alkohol feststellen und so haben sie das Auto abgeleuchtet und ihnen ist ein Kanister mit Scheibenklar hinter dem Fahrersitz aufgefallen.
Diesen musste ich vorzeigen und wurde daraufhin hingewiesen, dass es sich dabei um Gefahrgut handeln würde und ich somit den Kanister nicht ordnungsgemäß transportiert hätte. Auf dem Behälter wurde mir eine UN-Nummer (UN 1170) gezeigt, aus der ich hätte ersehen müssen, dass diese Flüssigkeit Gefahrgut ist.
Nun habe ich gestern Post von der Bußgeldbehörde bekommen, ich solle ein Verwarnungsgeld in Höhe von 35 Euro bezahlen.
Allerdings denke ich, das ein normal sterblicher so etwas doch garnicht wissen kann, wäre wenigstens noch ein auf die Spitze gestelltes Quadrat dabei gewesen, hätte ich vielleicht ja noch eingewilligt, aber so sehe ich mich nicht im Unrecht.
Und was dann noch dazu kommt, die Bußgeldbehörde hat fast drei Monate benötigt und ich darf jetzt innerhalb einer Woche Beschwerde einlegen.

Hier ein paar Bilder:
Bilder Scheibenklar-Kanister

Vielleicht kann jemand von euch mir einen Tipp geben, wie man das ganze begründen kann, oder vielleicht bin ich ja doch im Unrecht.


Viele Grüße
MarkusR

Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar [Re: MarkusR] #8643 07.05.2009 21:09
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Mark Offline
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Hallo Markus,

für Beförderungen von Privatpersonen gibt es eine Freistellung. Diese Freistellung ist jedoch nicht nutzbar, wenn du mit dem Fahrzeug geschäftlich unterwegs warst.

Unterabschnitt 1.1.3.1, ADR:

"Die Vorschriftn des ADR gelten nicht für:

a) Beförderungen gefährlicher Güter, die von Privatpersonen durchgeführt werden, sofern diese Güter einzelhandelsgerecht abgepackt sind und für den persönlichen oder häuslichen Gebrauch oder für Freizeit und Sport bestimmt sind, vorausgesetzt, es werden Maßnahmen getroffen, die unter normalen Beförderungsbedingungen ein Freiwerden des Inhalts verhindern."

Einzelhandelsgerecht ist der Kanister. Für den persönlichen Gebrauch auch. War der Kanister verschlossen? oder konnte der Inhalt austreten.

Normale Beförderungsbedingungen schließen eine Vollbremsung und heftige Ausweichmanöver ein, jedoch keinen Unfall.

Ich würde unter o.g. Bezugnahme Einspruch erheben.

Im Gefahrgutbereich sind Verwarnungsgelder im Übrigen selten, i.d.R. fangen die Bußgelder so ab 150 ¤ an.

Die Verjährung endet nach 3 Jahren, wir haben letzten ein Anhörungsbogen nach 2,5 Jahren erhalten, die hätten also noch reichlich Zeit gehabt.

UN 1170 ist im übrigen Ethanol, mit dem Trinkalkohol identisch.

Ach ja, mich würde mal interessieren, unter welcher Bezugnahme das Bußgeld verhängt wurde (welche Nummer zum Bußgeldkatalog wurde benannt?), und dann lass bitte Wissen, wie das ganze ausgegangen ist.


Grüße

Mark
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar [Re: Mark] #8644 07.05.2009 21:19
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MarkusR Offline OP
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Hallo Mark,

vielen Dank für eine so schnelle Antwort.

Anbei mal der Text, wie er in dem Schreiben formuliert wurde:

"Sie haben gegen die Bestimmungen des Gefahrgutgesetzes (GGBefG) i. V. m. der Gefahrgutverordnung Straße und Eisenbahn (GGVSE) verstoßen.
Als Fahrzeugführer des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen ....... missachteten Sie bei der Beförderung eines Kunststoffkanisters mit 5 Liter UN 1170 Ethanol, Lösung 3 III (Scheibenreiniger) die Vorschriften über die Handhabung und Verstauung von Versandstücken mit Gefahrgütern.
Der Kanister wurde auf dem Fahrzeugboden hinter dem Fahrersitz ohne Sicherung gegen Verrutschen, Umkippen und Auslaufen befördert. Das Versandstück konnte seine Ausrichtung während der Beförderung verändern.
§ 9 Abs. 13, § 10 Nr. 17 GGVSE i. V. m. § 10 GGBefG"


Man muss vielleicht auch noch dazu sagen, dass es sich dabei um einen neuen Kanister handelte, bei dem der Deckel noch nicht einmal geöffnet wurde, also noch "originalverpackt" war.

Viele Grüße
MarkusR

Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar [Re: MarkusR] #8645 08.05.2009 16:59
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Mark Offline
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Hey Markus,

der Vorwurf ist schon heftig.

Regelbußgeld nach RSE (RSE ist eine Richtlinie, ohne verpflichtenden Charakter) beträgt bei dem genannten Verstoß für den Fahrzugführer 300 ¤ und Untersagung der Weiterfahrt, bis der Mangel behoben ist.

Die mangelnde Ladungssicherung ist auch der einzige Vorwurf, dem man einem Privattransport vorwerfen kann (siehe Freistellung oben).

Wenn du Einspruch erhebst, wird die Bußgeldstelle dies Möglicherweise an ein Gericht weiterleiten, wie der Richter das sehen wird weiß ich nicht, ich halte es für reine Schikane.

Wenn du rechtschutzversichert bist, geh zum Anwalt.


Grüße

Mark
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar [Re: Mark] #8646 08.05.2009 17:34
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MarkusR Offline OP
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Hallo,

was ich halt wirklich für sehr fragwürdig halte, ist die Tatsache, dass wirklich nur diese UN-Nummer aufgedruckt war, nirgends das allseits bekannte Quadrat auf der Spitze mit einem Symbol.
Für mich als Laien war das so auch überhaupt nicht als Gefahrgut erkennbar.

Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar [Re: MarkusR] #8647 08.05.2009 17:58
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Mark Offline
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Hallo Markus,

das kann schon richtig sein, für den Transport zum Einzelhandel war der Kanister (5 ltr.) wahrscheinlich in einen Karton verpackt (zu max. 30 kg) und dieser Karton war wohl mit einer Raute und er UN 1170 gekennzeichnet. Es handelt sich hierbei um die sogenannten "begrenzten Mengen" bzw. LQ-Verpackungen. In solch einer Verpackung ist das Gefahrgut auch freigestellt. Die UN 1170 hätte nicht einmal auf dem Kanister stehen müssen.

Also ich denke, dass der Vorwurf vor Gericht nicht haltbar ist, doch ich will und darf hier keine Rechtsberatung vornehmen.

Also in der Freistellung für den Privatpersonentransport steht, dass Maßnahmen zur Verhinderung des Freiwerdens unter normalen Transportbedingungen erfolgen muss. Wenn der Kanister umfällt, dann dürfte noch lange kein Gut austreten, damit ist die Freistellung erfüllt und du unterliegst nicht dem ADR und kannst dann auch nicht nach der GGVSE belangt werden.

Wenn es sich um einen gewerblichen Transport gehandelt hätte, hätte man noch vorwerfen können, dass der Gefahrzettel fehlt und die Verpackung nicht bauartzugelassen ist.


Grüße

Mark
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar [Re: Mark] #8648 08.05.2009 18:02
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MarkusR Offline OP
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Hallo Mark,

Vielen Dank für diese exzellente Hilfestellung, jetzt muss ich nur noch versuchen, dies in ein Schreiben zu verpacken.
Also wenn ich dich richtig verstanden hab, könnte mir im schlimmsten Fall ein höheres Bußgeld drohen?

Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar [Re: MarkusR] #8649 08.05.2009 19:48
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MasterKane Offline
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Hallo Markus,

ich kann Mark nur zustimmen, das klingt sehr nach Schikane.

ADR 2009: 1.1.3.1 Freistellungen in Zusammenhang mit der Art der Beförderungsdurchführung

Die Vorschriften des ADR/RID gelten nicht für:
1. [...] Wenn diese Güter entzündbare flüssige Stoffe sind, die in wiederbefüllbaren Behältern befördert werden, welche durch oder für Privatpersonen befüllt werden, darf die Gesamtmenge 60 Liter je Behälter (und 240 Liter je Beförderungseinheit) nicht überschreiten. [...]

Im Vergleich zu 240l pro Beförderungseinheit (in Deinem Fall PKW) ist das Gefahrenpotential von 5l Scheibenklar sehr gering.


Ich möchte aber noch zwei weitere Gedanken anbringen:
  1. zu der Empfehlung, einen Anwalt zu nehmen: Der Anwalt sollte sich nicht nur allgemein im Verkehrsrecht auskennen, sondern auch im Gefahrgutrecht.
  2. Auf dem Bild ist zu erkennen, dass es sich nicht um ein Konzentrat handelt, sondern um einen Fertigmix; vielleicht ist dies in diesem Fall kein Gefahrgut unter UN 1170. Somit ist die Kennzeichnung mit UN - Nummer falsch und könnte auch ein Grund dafür sein, dass keine Kennzeichnungen nach Gefahrstoffverordnung (Quadrat orange, auf die Spitze gestellt) aufgedruckt sind. Dies kann jedoch über den Hersteller erfragt bzw. über das Sicherheitsdatenblatt festgestellt werden.

Antwort auf
Also wenn ich dich richtig verstanden hab, könnte mir im schlimmsten Fall ein höheres Bußgeld drohen?


keine Rechtsberatung:

Ich halte ein Bußgeld für nicht haltbar, egal in welcher Höhe, aber: "Vor Gericht und auf hoher See sind wir in Gottes Hand" - Römische Juristenweisheit

<img src="/ubbthreads/images/graemlins/laugh.gif" alt="" /> Kopf hoch und viel Erfolg! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/grin.gif" alt="" />

Lass aber jetzt nicht die Frist verstreichen und gib uns ab und zu einen Zwischenbericht über den Verlauf.

mfg
MasterKane


"Wer fragt, ist ein Narr für eine Minute. Wer nicht fragt, ist ein Narr sein Leben lang."
Konfuzius
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar [Re: MasterKane] #8650 08.05.2009 22:05
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Mark Offline
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Hallo MasterKane,

Antwort auf

ADR 2009: 1.1.3.1 Freistellungen in Zusammenhang mit der Art der Beförderungsdurchführung

Die Vorschriften des ADR/RID gelten nicht für:
1. [...] Wenn diese Güter entzündbare flüssige Stoffe sind, die in wiederbefüllbaren Behältern befördert werden, welche durch oder für Privatpersonen befüllt werden, darf die Gesamtmenge 60 Liter je Behälter (und 240 Liter je Beförderungseinheit) nicht überschreiten. [...]

Diese im ADR 2009 hinzugefügte Passage zur Freistellung von Privatpersonen zielt ja auf Benzinkanister ab, 240 ltr. Benzinkanister mit Inhalt im Kofferraum halte ich für heftig, ist aber zulässig. Umso lächerlicher die verdünnte Alkohollösung. -- Hast recht!

Antwort auf
  1. zu der Empfehlung, einen Anwalt zu nehmen: Der Anwalt sollte sich nicht nur allgemein im Verkehrsrecht auskennen, sondern auch im Gefahrgutrecht..



Einen Anwalt zu finden, der sich im Gefahrgutrecht auskennt ist echt schwer. Wir machen das immer so, dass der Anwalt zwar die Korrespondenz zum Gericht hält, aber der Gefahrgutbeauftragte die gefahrgutrechtlichen Hintergründe liefert und damit eng mit dem Anwalt in Kontakt steht.

Diese Möglichkeit hat ein Privatmann natürlich nicht.


Grüße

Mark
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar [Re: Mark] #8651 09.05.2009 09:34
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TDamm Offline
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Hallo alle miteinander,

die Entscheidung der Bußgeldbehörde (ich war es nicht) dürfte auch vor Gericht halten.

Das die Ladung -hier Scheibenklar- gegen verrutschen zu sichern ist, dürfte wohl bei allen auf Zustimmung stoßen. Ist ein Ladung nicht gesichert, ist bereits nach dem normalen Straßenverkehrsrecht auch bei Privatpersonen ein Owi - Verfahren möglich. Laut BKat Verordnung die besagten 35,00 Euro. Nun handelte es sich eindeutig um Gefahrgut. Damit verdrängt das Gefahrgutrecht als Spezialrecht (die Freistellung nach UA 1.1.3.1a ADR entfällt wegen fehlender Lasi) das allgemeine Straßenverkehrsrecht. Somit ist § 9 Abs. 13 GGVSE die verletzte Norm. Die 35.00 Euro sind auch ok. Da das Bußgeld immer der Bedeutung der Owi (§ 17 OwiG) anzupassen ist.

Folglich koste ein Anwalt und ein Gericht gegebenenfalls das notwendige Gutachten zur Ladungssicherung das zigfache der 35,00 Euro. Ob sich das lohnt?

Übrigens ist die Verwarnung ein Angebot der Behörde, was durch Zahlung innerhalb einer Woche angenommen werden kann. Wird nicht bezahlt, erlässt die Behörde ein Bußgeldbescheid. Dessen Auslagen belaufen sich schon auf 20,00 Euro Gebühren und Kosten für die Zustellung. Im Gerichtsverfahren mit gegebenenfalls zwei Terminen erstattet Dir bestimmt auch keiner die Kosten und die Zeit, die Du dafür eingesetzt hast.

Ergo, bevor Du zum Anwalt rennst (meistens können die im Gefahrgutrecht sowieso nicht helfen) gehe in Dich und frage Dich, ob die Ladung gegen verrutschen gesichert war oder nicht. Nur das ist rechtliche die entscheidende Frage. Dann überlege ob dieser Aufwand sich für 35,00 Euro lohnt.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Damm


Freundliche Grüße
Thomas Damm
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