Ich bin an Fastnacht in eine Polizeikontrolle gekommen, nachdem ich meine Freundin von einer Veranstaltung abgeholt habe. Die Polizeibeamten konnten bei mir natürlich keinen Alkohol feststellen und so haben sie das Auto abgeleuchtet und ihnen ist ein Kanister mit Scheibenklar hinter dem Fahrersitz aufgefallen. Diesen musste ich vorzeigen und wurde daraufhin hingewiesen, dass es sich dabei um Gefahrgut handeln würde und ich somit den Kanister nicht ordnungsgemäß transportiert hätte. Auf dem Behälter wurde mir eine UN-Nummer (UN 1170) gezeigt, aus der ich hätte ersehen müssen, dass diese Flüssigkeit Gefahrgut ist. Nun habe ich gestern Post von der Bußgeldbehörde bekommen, ich solle ein Verwarnungsgeld in Höhe von 35 Euro bezahlen. Allerdings denke ich, das ein normal sterblicher so etwas doch garnicht wissen kann, wäre wenigstens noch ein auf die Spitze gestelltes Quadrat dabei gewesen, hätte ich vielleicht ja noch eingewilligt, aber so sehe ich mich nicht im Unrecht. Und was dann noch dazu kommt, die Bußgeldbehörde hat fast drei Monate benötigt und ich darf jetzt innerhalb einer Woche Beschwerde einlegen.
für Beförderungen von Privatpersonen gibt es eine Freistellung. Diese Freistellung ist jedoch nicht nutzbar, wenn du mit dem Fahrzeug geschäftlich unterwegs warst.
Unterabschnitt 1.1.3.1, ADR:
"Die Vorschriftn des ADR gelten nicht für:
a) Beförderungen gefährlicher Güter, die von Privatpersonen durchgeführt werden, sofern diese Güter einzelhandelsgerecht abgepackt sind und für den persönlichen oder häuslichen Gebrauch oder für Freizeit und Sport bestimmt sind, vorausgesetzt, es werden Maßnahmen getroffen, die unter normalen Beförderungsbedingungen ein Freiwerden des Inhalts verhindern."
Einzelhandelsgerecht ist der Kanister. Für den persönlichen Gebrauch auch. War der Kanister verschlossen? oder konnte der Inhalt austreten.
Normale Beförderungsbedingungen schließen eine Vollbremsung und heftige Ausweichmanöver ein, jedoch keinen Unfall.
Ich würde unter o.g. Bezugnahme Einspruch erheben.
Im Gefahrgutbereich sind Verwarnungsgelder im Übrigen selten, i.d.R. fangen die Bußgelder so ab 150 ¤ an.
Die Verjährung endet nach 3 Jahren, wir haben letzten ein Anhörungsbogen nach 2,5 Jahren erhalten, die hätten also noch reichlich Zeit gehabt.
UN 1170 ist im übrigen Ethanol, mit dem Trinkalkohol identisch.
Ach ja, mich würde mal interessieren, unter welcher Bezugnahme das Bußgeld verhängt wurde (welche Nummer zum Bußgeldkatalog wurde benannt?), und dann lass bitte Wissen, wie das ganze ausgegangen ist.
Grüße
Mark
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: Mark]
#864407.05.200921:19
Anbei mal der Text, wie er in dem Schreiben formuliert wurde:
"Sie haben gegen die Bestimmungen des Gefahrgutgesetzes (GGBefG) i. V. m. der Gefahrgutverordnung Straße und Eisenbahn (GGVSE) verstoßen. Als Fahrzeugführer des PKW mit dem amtlichen Kennzeichen ....... missachteten Sie bei der Beförderung eines Kunststoffkanisters mit 5 Liter UN 1170 Ethanol, Lösung 3 III (Scheibenreiniger) die Vorschriften über die Handhabung und Verstauung von Versandstücken mit Gefahrgütern. Der Kanister wurde auf dem Fahrzeugboden hinter dem Fahrersitz ohne Sicherung gegen Verrutschen, Umkippen und Auslaufen befördert. Das Versandstück konnte seine Ausrichtung während der Beförderung verändern. § 9 Abs. 13, § 10 Nr. 17 GGVSE i. V. m. § 10 GGBefG"
Man muss vielleicht auch noch dazu sagen, dass es sich dabei um einen neuen Kanister handelte, bei dem der Deckel noch nicht einmal geöffnet wurde, also noch "originalverpackt" war.
Viele Grüße MarkusR
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: MarkusR]
#864508.05.200916:59
Regelbußgeld nach RSE (RSE ist eine Richtlinie, ohne verpflichtenden Charakter) beträgt bei dem genannten Verstoß für den Fahrzugführer 300 ¤ und Untersagung der Weiterfahrt, bis der Mangel behoben ist.
Die mangelnde Ladungssicherung ist auch der einzige Vorwurf, dem man einem Privattransport vorwerfen kann (siehe Freistellung oben).
Wenn du Einspruch erhebst, wird die Bußgeldstelle dies Möglicherweise an ein Gericht weiterleiten, wie der Richter das sehen wird weiß ich nicht, ich halte es für reine Schikane.
Wenn du rechtschutzversichert bist, geh zum Anwalt.
Grüße
Mark
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: Mark]
#864608.05.200917:34
was ich halt wirklich für sehr fragwürdig halte, ist die Tatsache, dass wirklich nur diese UN-Nummer aufgedruckt war, nirgends das allseits bekannte Quadrat auf der Spitze mit einem Symbol. Für mich als Laien war das so auch überhaupt nicht als Gefahrgut erkennbar.
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: MarkusR]
#864708.05.200917:58
das kann schon richtig sein, für den Transport zum Einzelhandel war der Kanister (5 ltr.) wahrscheinlich in einen Karton verpackt (zu max. 30 kg) und dieser Karton war wohl mit einer Raute und er UN 1170 gekennzeichnet. Es handelt sich hierbei um die sogenannten "begrenzten Mengen" bzw. LQ-Verpackungen. In solch einer Verpackung ist das Gefahrgut auch freigestellt. Die UN 1170 hätte nicht einmal auf dem Kanister stehen müssen.
Also ich denke, dass der Vorwurf vor Gericht nicht haltbar ist, doch ich will und darf hier keine Rechtsberatung vornehmen.
Also in der Freistellung für den Privatpersonentransport steht, dass Maßnahmen zur Verhinderung des Freiwerdens unter normalen Transportbedingungen erfolgen muss. Wenn der Kanister umfällt, dann dürfte noch lange kein Gut austreten, damit ist die Freistellung erfüllt und du unterliegst nicht dem ADR und kannst dann auch nicht nach der GGVSE belangt werden.
Wenn es sich um einen gewerblichen Transport gehandelt hätte, hätte man noch vorwerfen können, dass der Gefahrzettel fehlt und die Verpackung nicht bauartzugelassen ist.
Grüße
Mark
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: Mark]
#864808.05.200918:02
Vielen Dank für diese exzellente Hilfestellung, jetzt muss ich nur noch versuchen, dies in ein Schreiben zu verpacken. Also wenn ich dich richtig verstanden hab, könnte mir im schlimmsten Fall ein höheres Bußgeld drohen?
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: MarkusR]
#864908.05.200919:48
ich kann Mark nur zustimmen, das klingt sehr nach Schikane.
ADR 2009: 1.1.3.1 Freistellungen in Zusammenhang mit der Art der Beförderungsdurchführung
Die Vorschriften des ADR/RID gelten nicht für: 1. [...] Wenn diese Güter entzündbare flüssige Stoffe sind, die in wiederbefüllbaren Behältern befördert werden, welche durch oder für Privatpersonen befüllt werden, darf die Gesamtmenge 60 Liter je Behälter (und 240 Liter je Beförderungseinheit) nicht überschreiten. [...]
Im Vergleich zu 240l pro Beförderungseinheit (in Deinem Fall PKW) ist das Gefahrenpotential von 5l Scheibenklar sehr gering.
Ich möchte aber noch zwei weitere Gedanken anbringen:
zu der Empfehlung, einen Anwalt zu nehmen: Der Anwalt sollte sich nicht nur allgemein im Verkehrsrecht auskennen, sondern auch im Gefahrgutrecht.
Auf dem Bild ist zu erkennen, dass es sich nicht um ein Konzentrat handelt, sondern um einen Fertigmix; vielleicht ist dies in diesem Fall kein Gefahrgut unter UN 1170. Somit ist die Kennzeichnung mit UN - Nummer falsch und könnte auch ein Grund dafür sein, dass keine Kennzeichnungen nach Gefahrstoffverordnung (Quadrat orange, auf die Spitze gestellt) aufgedruckt sind. Dies kann jedoch über den Hersteller erfragt bzw. über das Sicherheitsdatenblatt festgestellt werden.
Antwort auf
Also wenn ich dich richtig verstanden hab, könnte mir im schlimmsten Fall ein höheres Bußgeld drohen?
keine Rechtsberatung:
Ich halte ein Bußgeld für nicht haltbar, egal in welcher Höhe, aber: "Vor Gericht und auf hoher See sind wir in Gottes Hand" - Römische Juristenweisheit
<img src="/ubbthreads/images/graemlins/laugh.gif" alt="" /> Kopf hoch und viel Erfolg! <img src="/ubbthreads/images/graemlins/grin.gif" alt="" />
Lass aber jetzt nicht die Frist verstreichen und gib uns ab und zu einen Zwischenbericht über den Verlauf.
mfg MasterKane
"Wer fragt, ist ein Narr für eine Minute. Wer nicht fragt, ist ein Narr sein Leben lang." Konfuzius
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: MasterKane]
#865008.05.200922:05
ADR 2009: 1.1.3.1 Freistellungen in Zusammenhang mit der Art der Beförderungsdurchführung
Die Vorschriften des ADR/RID gelten nicht für: 1. [...] Wenn diese Güter entzündbare flüssige Stoffe sind, die in wiederbefüllbaren Behältern befördert werden, welche durch oder für Privatpersonen befüllt werden, darf die Gesamtmenge 60 Liter je Behälter (und 240 Liter je Beförderungseinheit) nicht überschreiten. [...]
Diese im ADR 2009 hinzugefügte Passage zur Freistellung von Privatpersonen zielt ja auf Benzinkanister ab, 240 ltr. Benzinkanister mit Inhalt im Kofferraum halte ich für heftig, ist aber zulässig. Umso lächerlicher die verdünnte Alkohollösung. -- Hast recht!
Antwort auf
zu der Empfehlung, einen Anwalt zu nehmen: Der Anwalt sollte sich nicht nur allgemein im Verkehrsrecht auskennen, sondern auch im Gefahrgutrecht..
Einen Anwalt zu finden, der sich im Gefahrgutrecht auskennt ist echt schwer. Wir machen das immer so, dass der Anwalt zwar die Korrespondenz zum Gericht hält, aber der Gefahrgutbeauftragte die gefahrgutrechtlichen Hintergründe liefert und damit eng mit dem Anwalt in Kontakt steht.
Diese Möglichkeit hat ein Privatmann natürlich nicht.
Grüße
Mark
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: Mark]
#865109.05.200909:34
die Entscheidung der Bußgeldbehörde (ich war es nicht) dürfte auch vor Gericht halten.
Das die Ladung -hier Scheibenklar- gegen verrutschen zu sichern ist, dürfte wohl bei allen auf Zustimmung stoßen. Ist ein Ladung nicht gesichert, ist bereits nach dem normalen Straßenverkehrsrecht auch bei Privatpersonen ein Owi - Verfahren möglich. Laut BKat Verordnung die besagten 35,00 Euro. Nun handelte es sich eindeutig um Gefahrgut. Damit verdrängt das Gefahrgutrecht als Spezialrecht (die Freistellung nach UA 1.1.3.1a ADR entfällt wegen fehlender Lasi) das allgemeine Straßenverkehrsrecht. Somit ist § 9 Abs. 13 GGVSE die verletzte Norm. Die 35.00 Euro sind auch ok. Da das Bußgeld immer der Bedeutung der Owi (§ 17 OwiG) anzupassen ist.
Folglich koste ein Anwalt und ein Gericht gegebenenfalls das notwendige Gutachten zur Ladungssicherung das zigfache der 35,00 Euro. Ob sich das lohnt?
Übrigens ist die Verwarnung ein Angebot der Behörde, was durch Zahlung innerhalb einer Woche angenommen werden kann. Wird nicht bezahlt, erlässt die Behörde ein Bußgeldbescheid. Dessen Auslagen belaufen sich schon auf 20,00 Euro Gebühren und Kosten für die Zustellung. Im Gerichtsverfahren mit gegebenenfalls zwei Terminen erstattet Dir bestimmt auch keiner die Kosten und die Zeit, die Du dafür eingesetzt hast.
Ergo, bevor Du zum Anwalt rennst (meistens können die im Gefahrgutrecht sowieso nicht helfen) gehe in Dich und frage Dich, ob die Ladung gegen verrutschen gesichert war oder nicht. Nur das ist rechtliche die entscheidende Frage. Dann überlege ob dieser Aufwand sich für 35,00 Euro lohnt.
Mit freundlichen Grüßen Thomas Damm
Freundliche Grüße Thomas Damm
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: TDamm]
#865209.05.200911:16
Ok, mit deiner Aussage, das Gefahrgut gegen Verrutschen zu sichern ist, gebe ich dir recht. Nur möchte ich mal eins zu bedenken geben: Welcher "Normalbürger" kennt diese UN-Nummern? Bis dato hatte ich zumindest noch nichts davon gehört. Auch die Leute denen ich davon erzählt habe, können nur den Kopf schütteln. Sogar Polizeibeamten (keine der VPI zugehörigen) sehen dies eigentlich nur als reine Schikane, da die VPI bei ihrer Kontrolle sonst keinen Fehler gefunden hat. Und das ist in meinen Augen wirklich "Abzocke".
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: MarkusR]
#865309.05.200916:01
ich gebe Dir ja mit dem Erkennen des Gefahrgutes Recht. Auch so mancher Polizist kann mit der UN - Nr. nichts anfangen. Du musst, zumindest dann bei der Argumentation vor Gericht, das Gefahrgut einfach wegdenken. Im Fall der Ladungssicherung bestimmt das Gefahrgut nur die Rechtsnorm. Entscheiden ist, war der Kanister gesichert oder nicht. Für den Fall dass er nicht gesichert war, kann ein Bußgeld festgesetzt werden, ob da Gefahrgut drin war oder nicht.
Gruß Thomas Damm
Freundliche Grüße Thomas Damm
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: TDamm]
#865409.05.200916:24
Hallo, Selbst wenn hier Einspruch über die Nichtanwendbarkeit des ADR für Privatpersonen erfolgreich wäre - über die Ladungssicherheit in der Strassenverkehrsordnung kommst wieder in die Verantwortung rein. Da auch wohl auch keine Beweisfotos aufgenommen worden sind, wird es schwierig sein hier Gegenargumente zu finden. Die 35 Euro zahlen, die Sache vergessen und die Ladung künftig kraft- oder formschlüßig verstauen. Eine Verwarnung hätte wohl aber auch genügt.
Gruß Rupert
Have a nice day!
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: Rupert]
#865509.05.200920:38
zugegeben, bei einer genauen Abwägung zwischen 35,- EUR und der ganzen Lauferei und Ungewissheit ist die Zahlung des Verwarnungsgeldes sicherlich der bessere Weg.
Aber man muss es sich noch einmal vor Augen führen: Wir diskutieren über einen 5l - Kanister hinter dem Fahrersitz!
... und das bei den alltäglichen Verstößen im gewerblichen Güterverkehr; die ganzen Wackeldackel und Regenschirme auf der Hutablage nicht mitgerechnet.
Bezüglich kraft- bzw. formschlüssiger Ladungssicherung: Ein Abstand bis 10 cm zwischen Ladungen wird noch akzeptiert und diesen Abstand erreiche ich eigentlich nicht in einem Fussraum eines PKWs!?!
Bezüglich kraft- bzw. formschlüssiger Ladungssicherung: Ein Abstand bis 10 cm zwischen Ladungen wird noch akzeptiert und diesen Abstand erreiche ich eigentlich nicht in einem Fussraum eines PKWs!?!
Hallo,
ich glaube, es geht bei einem Verstauen hinter dem Fahrersitz nicht um die Sicherung nach vorne oder nach hinten, sondern um die nicht erreichten 0,5 G zur Seite.
Also eigentlich völlig gleichgültig, was da hinter dem Fahrersitz steht, wenn nicht formschlüssig oder niedergezurrt, Ladungssicherung nicht erreicht, 35 ¤ Bußgeld. Wenn das Schule macht, dann werden unsere Fahrzeuge bald mit Sicherungsnetzen und Zurrpunkte hinter den Sitzbänken ausgestattet und in den Fahrschulen werden Fachkräfte zur Ladungssicherung in PKWs ausgebildet.
Mal ehrlich, wer stellt seine Einkäufe nicht mal ungesichert hinter den Sitzplätzen oder in den Kofferraum - wären jedesmal 35 ¤ fällig - sachlich völlig korrekt.
Grüße
Mark
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: Mark]
#865710.05.200921:36
wir sind "nur" im Owi Recht. Mit den 35,00 Euro will man doch nur Hinweisen, dass es so nicht ganz ok ist. Sicherlich hat jeder von uns schon mal was ohne der richtigen Ladungssicherung befördert. Die einen wurden erwischt, die anderen nicht. Bei anderen ist eben auch schon mal was passiert (Anlage). Da wird immer teurer.
Viele Grüße aus Thüringen Thomas Damm
Freundliche Grüße Thomas Damm
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: TDamm]
#865811.05.200908:51
Oha, wenn das Schule macht und man auf die Idee kommt, an der Parkplatzausfahrt des nächstbesten Supermarkts zu kontrollieren, ob die Einkäufe im Kofferraum auch vorschriftsgemäß gesichert sind, haben wir das beste Konjunkturprogramm für die Hersteller von Zurrgurten etc.
Ich würde annehmen, dass gerade beim wöchentlichen Einkauf nicht nur "mal was ohne richtige Ladungssicherung befördert" wird, sondern das der Normalzustand ist.
Viele Grüße, Andreas Arnold
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: TDamm]
#865911.05.200914:28
... das war aber keine normale Beförderungsbedingung. Die Lasi muss nur den normalen Beförderungsbedingungen standhalten, und ich denke, dass der 5-ltr.-Kanister weder bei normalen Beförderungsbedingungen, noch außerhalb dessen, entsprechenden Schaden anrichten kann.
Aber das Bild ist schon Klasse - darf man das für Schulungen gebrauchen?
Waren die Farbeimer offen?
Grüße
Mark
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: Mark]
#866012.05.200909:17
Das sehe ich auch so. Also sind das doch normale Beförderungsbedigungen oder? Es soll doch auch nur ein Freiwerden des Inhalts verhindert werden, nicht das Verrutschen. Von daher würde ich auch sagen, dass selbst bei einer Vollbremsung der Inhalt nicht freigesetzt wird. Das mag anders sein, wenn der Kanister auf der Hutablage befördert wird und im Falle des Falles durchs Auto fliegt. Ich halte das hier für arg überzogen. Wer hat denn schon Zurrgurte, Planen für offene Einkaufskörbe, Luftpolster für den Kofferraum etc. dabei. Was soll das? Angesichts solcher Aktionen muss man sich doch fragen, ob das nicht Verschwendung von Steuergeldern ist. Gruß Gandalf
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: Gandalf]
#866113.05.200910:20
Das Freiwerden des Inhalts (bzw. das Verhindern) kommt ja auch dem ADR 1.1.3.1 a). Wenn mir nun mein Nichtgefahrgut-Eistee vom Einkauf im Auto ausläuft, interessiert das erstmal keine Behörde. Die interessiert z. B. § 22 (1) StVO und danach darf z. B. Ladung (welcher Art auch immer) bei normalen Beförderungsbedingungen wie Bremsen, Beschleunigung, Kurvenfahrten und Ausweichmanövern nicht verrutschen, umfallen [...]. Ergo darf auch streng genommen die EInkaufstüte mit meinem Eistee nicht umfallen. Nun ändert sich durch eine umgefallene Einkaufstüte die Fahrphysik eines durchschnittlichen PKW eher nicht, während ein LKW mit Ladefläche unter Umständen dazu neigt. Die StVO unterscheidet aber nicht, also gilt § 22 für uns alle, wenn wir am Straßenverkehr teilnehmen.
Viele Kombis haben ja schon Zurrpunkte oder ähnl. im Kofferraum (mein Kleinwagen allerdings nicht...). Außerdem könnte man mit rutschhemmenden Unterlagen und Klappboxen arbeiten. Zudem müssten sich die Automobilhersteller unter diesem Aspekt mehr Gedanken für sichere Ablagefächer und Taschen im Auto machen. Von Verletzungen durch (wegen Vollbremsung = normale Beförderungsbedingung) herumfliegende Verbandkästen und Autoatlanten habe ich selbst schon gehört.
Handele ich dann eigentlich vorsätzlich (oder grob fahrlässig), wenn ich mir dieser ganzen Tatsachen bewußt bin und meine Einkaufstüten trotzdem "lose" im Auto (Kofferraum) stehen?
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: Claudi]
#866213.05.200919:44
hatte mich mit der Herstellerfirma in Verbindung gesetzt und von denen folgende Antwort erhalten:
Antwort auf
Hallo, folgende Argumentation habe ich von unseren Gefahrgutbeauftragten erhalten:
ADR 2007 Abschn. 1.1.3 Freistellungen
1.1.3.1 Freistellungen in Zusammenhang mit der Art der Beförderungsdurchführung Die Vorschriften des ADR gelten nicht für: a) Beförderungen gefährlicher Güter, die von Privatpersonen durchgeführt werden, sofern diese Güter einzelhandelsgerecht abgepackt sind und für den persönlichen oder häuslichen Gebrauch oder für Freizeit und Sport bestimmt sind, vorausgesetzt, es werden Maßnahmen getroffen, die unter normalen Beförderungsbedingungen ein Freiwerden des Inhalts verhindern. Gefährliche Güter in Großpackmitteln (IBC), Großverpackungen oder Tanks gelten nicht als einzelhandelsgerecht verpackt;
Ab ADR 2009 kommt als Zwischensatz noch hinzu: "Wenn diese Güter entzündbare flüssige Stoffe sind, die in wiederbefüllbarenBehältern befördert werden, welche durch oder für Privatpersonen befüllt werden, darf die Gesamtmenge 60 Liter je Behälter und 240 Liter je Beförderungseinheit nicht überschreiten"
Zum Kontrollzeitpunkt galt ADR 2007, damit ist der Herr aus dem Geltungsbereich des ADR raus.
Ich hoffe, Ihnen weiterhelfen zu können und verbleibe
Also Sie geben letztendlich das gleiche wieder, wie ich hier auch schon erfahren habe. Am Montag habe ich ein Schreiben an die Bußgeldbehörde geschickt und Einspruch eingelegt. Diesen Sachverhalt, den ich heute von der Firma erfahren habe, habe ich natürlich direkt mal an die zuständige Sachbearbeiterin weitergeleitet. Dann warte ich jetzt mal ab, wie sie reagieren werden. Ich denke nämlich, man muss sich gegen so etwas währen, sonst wird nur so weitergemacht.
Gruß MarkusR
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: Claudi]
#866314.05.200907:54
Hallo zusammen, nur mal so am Rande. Wie ist eigentlich Ladung definiert? Gibt es in einer Vorschrift hierzu etwas? Die VV zur StVO bezieht sich bei § 22 überwiegend auf LKW bzw. Ladefläche. Ist eine Einkaufstasche also überhaupt Ladung? Die VV sagt ja auch, wenn nötig Befestigung gegen Verrutschen oder Herabfallen. Herabfallen war beim Kanister nicht zu erwarten (er lag ja hinter dem Sitz auf dem Boden). Beim Verrutschen des Kanisters sehe ich jetzt kein so hohes Gefährdungspotential, dass eine Befestigung nötig mache würde. Was heißt denn überhaupt "wenn nötig" in diesem Zusammenhang? Gruß Gandalf
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: Gandalf]
#866414.05.200908:49
"Ladung: Als "Ladung" werden Güter, Waren, Handels- oder sonstige Artikel beliebiger Art bezeichnet, die befördert werden sollen. Nicht unter den Begriff Ladung fallen Ausrüstungsgegenstände, wie z.B. Werkzeug oder Spannketten. Personen sind ebenfalls keine Ladung. Selbstverständlich sind auch Ausrüstungsgegenstände auf dem Fahrzeug zu sichern." Ladungssicherung Leitfaden für die Praxis, A. Lampe, Verlag G. Hendrisch, 5. Auflage Aug. 2006
Antwort auf
Was heißt denn überhaupt "wenn nötig" in diesem Zusammenhang?
Dies ist wahrscheinlich die universal Umschreibung, die eine kraftschlüssige Ladungssicherung fordert, wenn kein allseitiger Formschluss gegeben ist.
mfg MasterKane
"Wer fragt, ist ein Narr für eine Minute. Wer nicht fragt, ist ein Narr sein Leben lang." Konfuzius
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: MasterKane]
#866514.05.200918:26
Ich habe bei der örtlichen Autobahnpolizei einmal nachgefragt, was ich tun kann, wenn ein LKW mit einer Vorladung, die nicht gesichert ist, bei uns Ladung dazu bekommt. Es handelte sich konkret um Kartons mit Schuhen (also sehr niedrige Dichte).
Die Aussage der Polizei war nun, dass so leichtes Material nicht gesichert werden muss, da die herumfliegenden Kartons keinen Schaden anrichten können. Inwieweit die Aussage belastbar ist, kann ich nicht sagen, fällt solches Material unter "wenn nötig"?
Grüße
Mark
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: Mark]
#866615.05.200907:54
Hallo Mark, ohne das genau zu wissen, würde ich mal vermuten, dass die Schuhe (insbesondere wenn sie Teilladung sind) wegen ihrer geringen Dichte und damit Eigengewicht, beim Verrutschen, den LKW nicht zum Schlingern oder Umkippen bringen und auch nicht durch Bordwände brechen.
Noch eine Frage an MarkusR: War der Kanister eigentlich eine geprüfte zugelassene Verpackung nach ADR? Dann könnte man auch damit argumentieren, dass dieser Kanister selbst wenn er hinter dem Sitz verrutscht, sicher keinen größeren Kräften ausgesetzt ist, als bei den Verpackungsprüfungen. Gruß Gandalf
Zuletzt bearbeitet von Gandalf; 15.05.200908:00.
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: Mark]
#866715.05.200909:23
ADR 2009: 1.1.3.1 Freistellungen in Zusammenhang mit der Art der Beförderungsdurchführung
Die Vorschriften des ADR/RID gelten nicht für: 1. [...] Wenn diese Güter entzündbare flüssige Stoffe sind, die in wiederbefüllbaren Behältern befördert werden, welche durch oder für Privatpersonen befüllt werden, darf die Gesamtmenge 60 Liter je Behälter (und 240 Liter je Beförderungseinheit) nicht überschreiten. [...]
Diese im ADR 2009 hinzugefügte Passage zur Freistellung von Privatpersonen zielt ja auf Benzinkanister ab, 240 ltr. Benzinkanister mit Inhalt im Kofferraum halte ich für heftig, ist aber zulässig. Umso lächerlicher die verdünnte Alkohollösung. -- Hast recht! (....)
das kann ich so nicht glauben, denn diese hinzugefügte Passage mit den entzündbaren flüssigen Stoffe zielt sicherlich nicht auf Benzin!!, denn dafür gibt es die Freistellung nach 1.1.3.6 für Kraftstoffe...und die Menge ist definitv nur 60 L!!
gruessend Bert B.
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: Bert B.]
#866815.05.200913:23
Es handelt sich um zwei völlig unterschiedliche Freistellungen:
Die Freistellung in 1.1.3.3 a) bezieht sich auf Kraftstoff, der für den Betrieb des Fahrzeuges erforderlich ist. Hier dürfen 60 ltr. in Reservekanistern mitgeführt werden.
Die Freistellungen in 1.1.3.1 bezieht sich auf Ladung. Ursprünglich fielen für Privatpersonen nur einzelhandeltsgerecht abgepackte Ware unter der Freistellung. Wiederbefüllbare Behälter, die von den Privatpersonn selbst befüllt werden, fielen streng genommen nicht unter der Freistellung, diesem Mangel hat man abgeholfen.
Beispiel:
Privatperson fährt in den Sporturlaub und hat für seinen Diesel 60 ltr. in Reservekanistern Dieselkraftstoff dabei. Für sein Motorboot benötigt er noch Benzin, dass er in Kanister mitnimmt (240 ltr. in Summe). Hier wirken die beiden Freistellungen kummulativ, so dass sogar 300 ltr. entzündbare Flüssigkeit mitgeführt werden darf. (Wer das tut, sollte sich ernstlich Gedanken machen, wie er die Sachen transportiert!)
Grüße
Mark
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: TDamm]
#866930.06.200920:28
nach meiner schriftlichen Beschwerde bekam ich nun endlich eine Antwort bzgl. des Verwarnungsgeldes: Ich erhalte eine Verwarnung, jedoch ohne ein Verwarnungsgeld. Sollte ich diese "Tat" jedoch wiederholen, könnte nicht mehr von der Erhebung eines Verwarnungsgeldes abgesehen werden.
Ich finde, mit dieser Antwort haben sie selber eingestanden, dass es wohl nicht so ganz rechtens ist, das wegen so etwas ein Verwarnungsgeld verhängt wird. Ansonsten hätten sie ja nicht von ihrer Forderung eines Verwarnungsgeldes abgehen müßen.
Gruß MarkusR
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: MarkusR]
#867002.07.200912:02
Bislang war der Verstoß nicht vorwerfbar bzw. du hast im Rechtsirrtum gehandelt, bei künftigen Verstößen gegen die Pflicht der Ladungssicherung im PKW besteht diese Gunst für dich nicht mehr!
Also immer stets alles gut sichern im PKW.
Ich meine damit, es geht nicht nur um das Scheibenklar, sondern um alle Gegenstände im PKW!
Grüße
Mark
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: Mark]
#867107.07.200918:28
sorry, aber ich musste mich beim Durchlesen dieses Threads erstmal aufs Köstlichste amüsieren. Also soviel fehlendes Fingerspitzengefühl habe ich den Überwachungsorganen in Deutschland nie und nimmer zugetraut. Hat man Töne...
Also zu den Fakten: Ich konnte die Bilder leider nicht mehr ansehen (wird irgend ein Zugangscode erwartet), aber nach den Beschreibungen haben wir so n Kunststoffkanister als LQ, wobei MarkusR wahrscheinlich nur die Innenverpackung der zusammengesetzten Verpackung transportiert hat. Damit geht es schon los: Wenn man schon so kleinlich ist und sagt, die Freistellungen gelten (wegen mangelhafter LASI) nicht, das ADR ist anwendbar, hätte man auch eine mangelhafte Verpackung (keine zusammengesetzte Verpackung oder Tray nach 3.4 ADR) rügen müssen.
Wir sind uns alle einig, dass die Freistellungen nur angewendet werden dürfen, wenn unter normalen Beförderungsbedingungen ein Freiwerden des Inhaltes verhindert wird, ergo u.a. vernünftige Ladungssicherung praktiziert wird. Aber ich kann nur sagen: Leute, lasst die Kirche im Dorf! Wenn hier große 200L-Fässer durch die Gegend gefahren werden, OK. Aber ein 5-Liter-Kanister? Noch dazu hinter dem Fahrersitz? Der ADAC empfiehlt für PKW's sogar das Verstauen von Ladung hinter den Sitzen!
Wenn dieses Beispiel Schule macht, stehen wir bald nach jedem Wochenendeinkauf mit der Trucker's Disc aufm Parkplatz und drehen uns nen Wolf, um rauszufinden, ob die mitgebrachten Zurrgurte (STF dann wahrscheinlich läppische 50daN) im Niederzurrverfahren bei unseren 4 Zurrösen im Kofferraum für unsere eingekauften 2 Kilo Äpfel, 3 Melonen und 5 Kästen Bier noch ausreichen, wobei wir dann gar nicht sicher sind, was unsere "Zurrpunkte" denn abkönnen! Also Bitte!
Wenigstens ist das Ganze noch einigermaßen versöhnlich ausgegangen. Aber ich finde das ne Frechheit!
Re: Verwarnungsgeld wegen Scheibenklar
[Re: DJSMP]
#867211.07.200913:03
Just wurde zu diesem Thema eine Leitlinie des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) aktualisiert. Wie heißt es dort so schön -
Im gewerblichen Bereich kommt es häufig vor, dass Gefahrgut im Pkw oder Kombi befördert wird. In der Chemischen Industrie transportieren beispielsweise Außendienstmitarbeiter Proben in ihrem Auto. Auch wenn es sich dabei nur um kleine Gefahrgutmengen handelt, müssen die Gefahrgutvorschriften eingehalten werden.
Die überarbeitete VCI-Leitlinie gibt einen Überblick über die Vorschriften sowie mögliche Freistellungen und Erleichterungen bei bestimmten Kleinmengen. Die aktuellen Gefahrgutvorschriften für die Straße ADR 2009 sind in der Leitlinie berücksichtigt und nehmen damit beispielsweise auf Kennzeichnung für umweltgefährdende Stoffe sowie den Tunnelbeschränkungscode Bezug.
Mit der Veröffentlichung des Leitfadens leistet der VCI einen Beitrag zur Transportsicherheit im Rahmen der weltweiten Initiative Responsible Care der Chemischen Industrie.
Die Leitlinie steht im Internet als Download zur Verfügung unter www.vci.de
----> Je geringer das Wissen, desto sicherer das Urteil <----