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Spraydosenentsorgung gewerblich versus privat #27919 05.12.2019 13:34
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Claudi Offline OP
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Die Fragestellung geht mir immer durch den Kopf, wenn ich erkläre, wie man in Betrieben Spraydosen zu entsorgen hat und auch hier tauchte sie am Rande in einer Antwort zu einem anderen Thema von Forenmitglied Spedi auf, deswegen frage ich jetzt mal:

Gewerblich entsorgt man Spraydosen üblicherweise nach SV327 (separat zu sammeln in belüftete Verpackungen, Aufsaugmaterial etc.) - alles ok.

Privat werfen wir alle (?) unsere leeren Spraydosen in die gelbe Tonne/ den gelben Sack.

Auf https://www.sonderabfall-wissen.de/wissen/gefahr-aus-der-dose/ findet sich:
"Spraydosen, die mit dem Label „Der Grüne Punkt“ gekennzeichnet sind, können über die Gelbe Tonne oder den Gelben Sack entsorgt werden, sofern sie restentleert sind.
Vor allem für gebrauchte Spraydosen, die nicht aus der Lebensmittelindustrie kommen, wird eine Entsorgung über die Sammlung im Wertstoffhof oder das Schadstoffmobil dringend empfohlen."

Ist auch nicht ganz richtig, denn:
https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/recycling-ein-gelber-sack-den-niemand-versteht-1.3480098
"Nur Produkte mit einem Grünen Punkt dürfen in den gelben Sack?
Nein, die Regel ist: Alles, was im Laden an Verpackungen über die Theke geht, darf in den gelben Sack. Der Grüner-Punkt-Mythos stammt noch aus den Neunzigerjahren: Damals wurden die Wirtschaft dazu verpflichtet, ihren Verpackungsmüll zurückzunehmen. Das Unternehmen Der Grüne Punkt war das erste, das die Verpackungen für sie sammelte. Da die Unternehmen ihn alternativ aber auch selbst zurücknehmen konnten, durfte zwischenzeitlich nur in den gelben Sack, was einen Grünen Punkt trug. Erst seit 2009 sind alle Firmen verpflichtet, sich am dualen System zu beteiligen."

Manchmal steht auf Spraydosen der Hinweis, dass nur vollständig restentleerte Dosen der Wertstoffsammlung (also gelbe Tonne & Co.) zugeführt werden dürfen.

Ich denke, wir sind uns einig, dass man Spraydosen so gut wie nicht sicher restentleeren kann?
D.h. auch als Privatpersonen müssten alle ihre Spraydosen zum Schadstoffmobil oder der kommunalen Schadstoff-Annahmestelle bringen, nicht nur volle, halbleere sondern auch leere, da sie nicht komplett leer sind.
Das macht doch keiner, es hinterfragt selten jemand (es finden sich immerhin online gelegentlich Meldungen/ Berichte mit diesen Hinweisen), es kann auch niemand kontrollieren.

Fällt das also unter den Tisch?

Und spinnen wir den Gedanken mal noch weiter: Privatpersonen sind nach 1.1.3.1 a) ADR freigestellt, aber das greift nicht, da die Privatpersonen nicht selbst befördern und Abfall auch nicht mehr einzelhandelsgerecht verpackt ist.
Ähnlich wie beim Paketversand mit KEP-Dienstleistern, wo sich Privatpersonen aufgrund der KEP-AGB "plötzlich" an Gefahrgutvorschriften halten müssen, müssten Entsorger dazu auch etwas in ihren AGB haben, Privatpersonen wären dann mindestens Verpacker, vielleicht sogar AdA oder Verlader von Gefahrgut.
Ich kenne die AGB meines kommunalen Entsorgers (Andienungspflicht, hab also keine Auswahl) natürlich nicht... da bin ich ehrlich.

Zuletzt bearbeitet von Claudi; 05.12.2019 13:35.
Re: Spraydosenentsorgung gewerblich versus privat [Re: Claudi] #27933 06.12.2019 09:22
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Bergmannsheil Offline
Methusalem
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Methusalem
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Guten Morgen,

die Frage, ob Spraydosen mit der gelben Tonne/gelbem Sack entsorgt werden können, kann (erst einmal) nur aus dem Abfallrecht beantwortet werden.
Da sich alle Verpackungshersteller /vertreiber /-importeure mittlwerweile eines Rücknahmesystems bedienen müssen (z.B.DSD), ist der Aufdruck des grünen Punktes (als Beleg der Bezahlung des Lizenzentgeltes beim DSD) obsolet.
Verpackungen können dem Verwertungsweg gelb zugeordnet werden, wenn sie restentleert sind und nicht aus Glas oder PPK sind. restentleert sind Verpackungen, wenn sie tropffrei, rieselfrei oder spachtelrein sind. Spraydosen sind danach restentleert, wenn der Inhalt (= das Produkt!) raus ist. Der Rest kann eben Treibgas sein.
Ob eine Verpackung dem System gelb zugeordnet werden kann (konnte), wurde geprüft und die Systemkonformität wurde auch durch den Aufdruck des grünen Produktes bestätigt.

Tja, und jetzt hat sich das Gefahrgutrecht geändert. Da will ab er wohl keiner ran, alle Bürger aufzufordern, Spraydosen und Druckgaskartuschen separat beim Wertstoffmobil abgeben zu müssen.


Auch ein Traumjob berechtigt nicht zum Schlaf während der Arbeitszeit.
Re: Spraydosenentsorgung gewerblich versus privat [Re: Bergmannsheil] #27935 06.12.2019 11:57
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Claudi Offline OP
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Rein mit der Abfallbrille berachtet dürfen restentleerte Spraydosen in die gelbe Tonne - klar.

Gefahrgutrechtlich hat sich ja nicht erst kürzlich etwas geändert, Spraydosen waren aufgrund des auch bei leeren Dosen noch enthaltenen Treibgases schon immer gefahrgutrechtlich/abfalltechnisch gesondert zu behandeln (früher meist in Fässern mit Entlüftungsventil im Deckel + Bindemittel).

Ein Rechtsbereich setzt hier keinen anderen außer Kraft, also müssen theoretisch beide betrachtet werden. Praktisch ist das natürlich schwierig mit Privatleuten. Macht es auch nicht einfacher, in Firmen zu erklären, warum die Leute im Betrieb ihre Spraydosen speziell sammeln/ entsorgen müssen und zu Hause nicht.

Re: Spraydosenentsorgung gewerblich versus privat [Re: Claudi] #27975 11.12.2019 09:54
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DJSMP Offline
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Man müsste hier denke ich die Sache gefahrgutrechtlich anders aufzäumen. Zunächst gilt ja das ADR mit der SV 327 und P207/PP87 bzw. LP200/L2. Bei den "Fässern über Gebrauchsdatum", denen als Spraydosenbehälter neues Leben eingehaucht wird, akzeptiere ich dieses Mini-Ventil im Deckel übrigens nicht. Falls ich meinen Kunden gestatte, solche Fässer vom Entsorger zu akzeptieren, dann sind die knapp über den Boden angebohrt (Propan/Butan-Gasgemische sind schwerer als Luft und sammeln sich zuerst unten an, da nützt dieses Teil im Deckel nix).

Ich versuche dann immer zu vermitteln, dass die Privatperson das eigentlich auch einhalten müsste und nur auf Grund des 1.1.3.1 das nicht machen muss. Als Begründung kann man dann das nicht vorhandene Wissen der Privatpersonen und die oftmals auch viel geringeren Mengen ("mal ne Spraydose") gegenüber dem gewerblichen Bereich ("geschulte Mitarbeiter", "ganzes Fass voll") ins Feld führen. Dann hole ich die Mitarbeiter noch damit ab, dass sich der Weg des gewerblichen Abfalls (häufig haben die Abfallbehälter ja Aufschriften, Barcodes, usw.) auch einfacher zurück verfolgen lässt und damit bei einem Zwischenfall schneller auf den Verursacher geschlossen werden kann. Dazu noch ein Beispiel "Brand in Recyclinganlage" mit Straftatvorwurf. Das sitzt und alle werfen ihre Spraydosen brav in die vorgesehenen Behälter mit Belüftung und Aufsaugmaterial.

Die Regelungen für Privatpersonen zu ändern, würde krachend scheitern. Keiner würde sie anwenden. Daher lässt man eben solche Dinge wie Spraydosen und Lithiumbatterien auch laufen, bis mal was Großes passiert. Am Ende des Tages muss es noch einhaltbar und praktikabel sein. Was nützen schärfere Vorschriften, wenn sie dann nicht gelebt werden (können)?

Re: Spraydosenentsorgung gewerblich versus privat [Re: Claudi] #37170 29.07.2024 13:42
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Sbg1967 Offline
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In meinem Bundesland lehrt man im Bezug auf Spraydosen, dass diese nicht zum Verpackungsmüll geleert werden sollen. Zulässig wäre es aber und wird auch gemacht.

Wir unterscheiden dazu noch in eine Fraktion >10% und <10% Füllinhalt, weil die Sondermüllverbrennung mit den Spraydosen >10% Füllinhalt Beschädigungen in der Schamotte bekommt und diese nur konditioniert Aufgeben kann. <10% Füllinhalt werden bei uns in 1A2 Fässern mit Löchern im Deckel transportiert. >10% werden von der Verbrennungsanlage nur in Kartons <5L übernommen.

Zum Thema Gefahr von Spraydosen hier ein Bericht Spraydosentransport TodesfallBericht über einen Todesfall.

Die Ersthelferin war zufällig auch Gefahrgutbeauftragte. Sie hörte einen ungewöhnlichen Knall in ihrem Büro und lief hinaus. Dort sah sie den Fahrer des Gefahrguttransporters, der gerade ein Faß mit Spraydosen abladen wollte. Das Fass hatte keine Öffnungen. Das Gesicht des Fahrers wurde durch das Hochschnellen des Deckels schwer zertrümmert. Eine Reanimation gelang vorerst. Am Tag danach erlag der Kollege seinen Verletzungen.

Fässer ohne Öffnungen werden auch von mir manchmal bei Kontrollen festgestellt.

Zuletzt bearbeitet von Sbg1967; 29.07.2024 13:42.
Re: Spraydosenentsorgung gewerblich versus privat [Re: Sbg1967] #37171 29.07.2024 13:58
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Claudi Offline OP
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So ein Unfall ist in Deutschland auch 2002 relativ groß durch die Fachpresse gegangen: https://www.saarbruecker-zeitung.de...losions-unfall-in-neunkirchen_aid-102073

Danach kamen ja irgendwann die belüfteten Fässer, um genau sowas zu verhindern. Tragisch und so unnötig, dass das 2023 nochmal passiert ist.

Von einer Unterscheidung in >/< 10% Restinhalt habe ich in D noch nichts gehört und bei vielen Abfallerzeugern glaube ich nicht dran, dass sie das trennen/ sicherstellen. Man kann da schon froh sein, wenn die Spraydosen nicht im Rest- oder Metallabfall landen sondern im Spraydosen-Behälter.

Re: Spraydosenentsorgung gewerblich versus privat [Re: Sbg1967] #37173 29.07.2024 14:43
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Gerald Offline
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Hallo Sbg1967,
hier gab es schon mal einen Beitrag zu Unfällen mit Spraydosen, ist eigentlich traurig, dass sollche Unfälle noch vorkommen, da es dafür schon spezielle Verpackungen mit Lüftungsöffnungen gibt.

@ Claudi, da muss ich Dir vollkommen recht geben!

Siehe GBOX Extra Gefahrgutverpackung für die Entsorgung gebrauchter Aerosoldosen oder Transport- und Sammelbehälter mit UN-Zulassung für leere Spraydosen, antistatisch, 120 Liter oder Spraydosen-Sammelbehälter CEMO u.s.w.


Gruss aus Unterfranken

Gerald
Re: Spraydosenentsorgung gewerblich versus privat [Re: Gerald] #37175 29.07.2024 15:44
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Claudi Offline OP
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Dabei brauchen die Behälter weitgehend noch nicht mal ne Bauartzulassung. Die rechtskonforme Beförderung von alten leeren Spraydosen ist wirklich nicht kompliziert oder teuer und wirklich sinnvoll, wie man an solchen Unfällen sieht.


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