In der März-Ausgabe von gefährliche ladung wurde ein Artikel über die neuen und geänderten Standardsätze im Abschnitt 14 (Angaben zum Transport) des Sicherheitsdatenblattes veröffentlicht (siehe PDF im Anhang mit aktiven Links). Die Gefahrgut-Gemeinde ist aufgerufen, die gefahrgutrechtlich relevanten Informationen hier zu diskutieren. Anmerkungen, Anregungen, Wünsche oder Fragen können auch direkt per E-Mail gerichtet werden an boenisch@eska.eu.
----> Je geringer das Wissen, desto sicherer das Urteil <----
vielen Dank für den Link. Ich möchte aber anmerken, dass es sich in dem Artikel nur um die Standardsätze des EuPhraC-Kataloges handelt und keinesfalls um verbindliche Standards. Der EuPhraC-Katalog ist ein kommerzielles Produkt und steht in Konkurrenz zu zahlreichen anderen Phrasensammlungen. Leider wird das aus dem Beitrag nicht gleich ersichtlich.
Auch finde ich Deine Überschrift irreführend: Das SDB ist auf keinen Fall ein Beförderungspapier. Es kann diesem Anspruch ja gar nicht gerecht werden, da es beim Transport nicht zwingend bereitgestellt werden muss. Ich zitiere hier mal aus der REACH-Verordnung, welche das SDB definiert:
Artikel 31 Anforderungen an Sicherheitsdatenblätter (1) Der Lieferant eines Stoffes oder eines Gemischs stellt dem Abnehmer des Stoffes oder des Gemischs ein Sicherheitsdatenblatt nach Anhang II zur Verfügung....
Diese zur Verfügung Stellung kann postalisch, elektronisch oder als Beilage zum Produkt erfolgen. Wir Gefahrgutfachleute sehen also das SDB nur auf freiwilliger Basis. Deshalb halte ich schon seit je her alle Informationen den Transport betreffend für nicht SDB-Relevant.
Hallo, Marco 66 ein SDB ist durchaus auch als Begleitpapier - nicht Beförderungspapier - möglich oder wird, vor allem in Asien, sogar von lokalen Vorschriften gefordert. Insofern sollte man sich, wenn die eigene Relation davon betroffen ist, durchaus mit dem Teil 14 des SDB auseinandersetzen. Zumal dort oft nicht der aktuelle Vorschriftenstand berücksichtigt ist. Im Gegensatz zu Ihrer Einschätzung erscheint mir in den letzten Jahren das SDB zu einer Art Ersatz-Unfallmerkblatt zu mutieren. Mittlerweile wird ja sogar ernsthaft diskutiert, ob Wortlaute aus SV darin aufgenommen werden sollen. Damit wäre m.E. die Gültigkeit eines beliebigen SDB von vorneherein auf 2 Jahre beschränkt. Gruß M.A.T.
Herr Heins hat ja den Beitrag "Daten fürs Beförderungspapier" genannt. Ich denke, dass allen vollkommen klar ist, dass das SDB nicht das Beförderungspapier ist.
Man muss aber mal schauen, wo die Daten in der Praxis in der Regel her kommen: Richtig, aus dem Sicherheitsdatenblatt. Mir fällt auch kein anderes kommunikatives Mittel ein, welches die gesamte Transportkette mit Informationen zu den Gefahrgutangaben füttert.
Da kann man jetzt aufspringen und dagegen protestieren. Aber zu einem überwiegenden Teil läuft das in der Praxis so. Gern kann man ja andere Vorschläge unterbreiten, wie beispielsweise Spediteure die Gefahrgutagaben des Kunden überprüfen (vgl. Pflichten des Absenders und des Beförderers in der GGVSEB) und in ihr eigenes Beförderungspapier (z.B. Bordero) übernehmen sollen. Da bleibt nur das SDB.
"Da bleibt nur das SDB" Ich bin da ganz bei Euch. So schule ich es auch.
Trotzdem finde ich es problematisch, dass es immer wieder zu Vermischungen und Verwechslungen kommt. Den Ansatz, in das SDB noch mehr nicht verbindliche Inhalte einzubauen ist meiner Meinung nach falsch und schadet mehr als das es nutzt. Im Zweifelsfall wird niemand sich damit herausreden können, falsche oder veraltete Informationen einem SDB entnommen zu haben. Klassifizieren und Prüfen ist im Transportrecht eine Verpflichtung, wie Ihr wisst. Im Zweifel gilt es also immer die Transportklassifizierung vom Hersteller zu erfragen und nicht auf das SDB zu vertrauen.
Das das SDB in einigen Ländern als Unterlage zum Transport gefordert wird, erklärt es noch nicht zu einem Beförderungspapier, wie auch M.A.T. bereits sagte.
Ich finde es problematisch, dass hier nach "Daten fürs Beförderungspapier" gefragt werden, es sich aber in Wirklichkeit um Standardphrasen eines kommerziellen Produktes zur Erstellung von Sicherheitsdatenblättern handelt.
Ich denke im Grunde sind wir einer Meinung, nur finde ich die Wortwahl irreführend. Sehr schnell kann jemand sich so ein falsches "Wissen" aneignen und gerät in Schwierigkeiten. Gerade den Andfängern unter uns zur Liebe sollten wir Ungenauigkeiten vermeiden.
Hallo Marco66, ich finde es ebenfalls bedenklich, wenn in diesem Forum über die Hintertür unter dem Deckmantel "Expertenmeinungen sind gefragt" kommerzielle Produkte beworben und verbessert werden sollen. Das ist zumindest meine Intention, wenn ich diesen Artikel lese. Etwas anderes wäre es wenn sich der (nicht existierende) "deutsche Verband der Sicherheitsdatenblatt-Software-Hersteller" hier an die User wenden würde und alle davon profitieren, so wie das z.B. beim Fehlerforum der IATA-DGR gegeben ist. Dort arbeiten alle mit und profitieren am Ende auch davo, weil das Buch besser wird.
Sicherlich steht es Unternehmen und Beitragsschreibern in der Gela zu, im Rahmen des Beitrags auch Werbung für Ihr Produkt zu machen. Schließlich werden für den Beitrag auch genügend Zeit und Ressourcen verwendet. Nur sollte das dann auch klar erkennbar sein ("Was ist für Sie wichtig, wenn Sie sich für Software XY entscheiden"). Eine Ideensammlung, die dann alle Software-Hersteller einheitlich umsetzen, kann ich hier jedenfalls nicht erkennen.
Für mich sollten im Punkt 14 nur die Mindestangaben eingetragen sein. Das sind UN-Nr., Benennung, Klasse(n), Verpackungsgruppe und eine Aussage über die Umweltgefahr. Hilfreich wäre ggf. noch, einen Hinweis zur einer eventuellen Anwendung einer Viskoseregel bei der Zuordnung der VG bei Klasse 3 anzugeben. Für den Seeverkehr wäre die Angabe der Trenngruppe (wenn zutreffend und nicht schon in 3.1.4 IMDG-Code zugeordnet) sinnvoll.
Das ganze andere Gedöns wie Tunnelcode, LQ-Menge, ja sogar Verpackungsanweisungen für den Luftverkehr, hat für mich dort nichts zu suchen. Das SDB kann und darf keine Gefahrgutschulung ersetzen. Und mit diesen Angaben besteht die Gefahr, dass man sich mit dem SDB und Internetrecherche voran hangelt. Geschulte Mitarbeiter können diese Daten ohne Probleme ganz fix aus den Büchern bzw. Software raus suchen. Zudem muss der Versandweg ggf. sowieso erst durch den Versender festgelegt werden, so dass Angaben wie LQ Regeln in die Irre führen.
Zu den konkreten Vorschläge des Herrn Boenisch:
1. Kasten Abfallangabe: Die Sinnhaftigkeit, die Aussage "Abfall nach Absatz 2.1.3.5.5." einzuarbeiten, erschließt sich mir nicht. Für Abfälle wird in der Regel kein SDB erstellt (ist bei Reach ausgeschlossen) und wenn dann nimmt man das SDB vom Originalstoff bei bekannter Zusammensetzung. Die Formulierung weist ja gerade darauf hin, dass die Zusammensetzung des Abfalls nicht genau bekannt ist. Wie will man da, von REACH mal abgesehen, ein SDB erstellen? (Oder hab ich was falsch verstanden?).
2. Kasten: Die Nennung der genannten Unterabschnitte (1.1.4.2.1.,...) wäre für mich vollkommener Nonsens, da sie Fall- abhängig sind. Hier wurde z.B. die Transportkette zitiert. Das hat überhaupt nichts mit der Gefahrguteinstufung zu tun. Gleiches gilt auch für die P200-Frage für Gase. Was hat die Gasflasche mit dem Stoff zu tun? Zudem betrifft die Sondervorschrift "ta" lediglich eine UN-Nummer, nämlich die UN 1965.
3. Kasten: Notfall- und Kontrolltemperatur machen Sinn. Hier wüsste ich auch nicht, wie man das außerhalb des SDB kommunizieren sollte. Ob das ein eigener Baustein sein muss, sei mal dahin gestellt. Für alles andere gilt: situationsabhängig! Mögliche Freistellungstatbestände muss der Versender (Auftraggeber/ Absender) selbst prüfen. Das kann nicht das SDB vorgeben.
4. Kasten: Entweder es ist ein Gefahrgut oder es ist keins. Begünden muss man das nicht. Hier wäre statt dessen ein Verweis bei Anwendung der Viskoseregel sinnvoll.
5. Kasten: Das Thema Meeresschadstoff sollte bei der Umweltgefahr beleuchtet werden.
6. Kasten: Die Trenngruppe wäre für mich sinnvoll. Die Frage ist, ob die SDB-Ersteller das nötige Hintergrundwissen haben, um das Feld zu füllen.
7. Kasten: Der Verweis auf 2.3.2.5 macht Sinn. Hilfreich wäre es für mich (wiehe oben), auch auf 2.3.2.2 hinzuweisen. Alle anderen Punkte dieses Kastens sind wieder situationsabhängig und gehören für mich nicht ins SDB.
8. Kasten: Das ist alles situationsabhängig und ergibt sich nicht durch die Klassifizierung. Daher gehört das für mich nicht ins SDB.
9. Kasten (Lufttransport): Das CAO ist bei einigen Gütern abhängig von der Menge pro Versandstück und kann nicht pauschal über das Gefahrgut bestimmt werden. Daher ist es dort irreführend. Ein ICAO/IATA geschulter Mitarbeiter ist in der Lage, die Informationen der IATA-DGR zu entnehmen.
Für mich sollten im Punkt 14 nur die Mindestangaben eingetragen sein. Das sind UN-Nr., Benennung, Klasse(n), Verpackungsgruppe und eine Aussage über die Umweltgefahr. Hilfreich wäre ggf. noch, einen Hinweis zur einer eventuellen Anwendung einer Viskoseregel bei der Zuordnung der VG bei Klasse 3 anzugeben. Für den Seeverkehr wäre die Angabe der Trenngruppe (wenn zutreffend und nicht schon in 3.1.4 IMDG-Code zugeordnet) sinnvoll.
Das ganze andere Gedöns wie Tunnelcode, LQ-Menge, ja sogar Verpackungsanweisungen für den Luftverkehr, hat für mich dort nichts zu suchen. ...
Das sehe ich genau so. Das SDB wird mit Daten überfrachtet, die man problemlos aus den Regularien herauslesen kann, wenn man bestimmte Grunddaten hat. Warum dann das alles ins SDB packen und damit einen Zwang zur ständigen Aktualisierung schaffen?
Dem kann ich nur zustimmen. Je mehr drinsteht desto mehr stimmt nicht. Schon heute gibt es kaum ein SDB, das gefahrgutrechtlich aktuell und in allen Punkten korrekt ist. Für See- und Luftverkehr sind Reisedauer, Druckdifferenzen und Klima so vielschichtig, daß zusammen mit den Unmengen an Sonderregelungen hier ein SDB vollkommen unbrauchbar würde, nähme man alle denkbaren Konstellationen auf. Besser wäre es, die SDB-Ersteller würden sich gefahrgutrechtlich schulen lassen (mit Prüfung!) und dann ernsthaft den Teil 2 der Vorschriften umsetzen, einschließlich Umweltgefährdung (damit nicht mehr oft steht WGK 3 aber kein Gefahrgut bzw. Baumfisch. Gruß M.A.T.
Die usprünglichen Anfragen ließen tatsächlich vermuten, dass man zu Gefahrgut über kein tieferes Wissen zu verfügen scheint und nur mal alles zusammen gewürfelt hat, was sich die Kunden im Laufe der Jahre (auch mit gefährlichen Halbwissen) mal gewünscht haben. Anders kann ich mir solche Fragen nicht erklären.
Das gilt aber leider für alle Anbieter solcher Softwarelösungen, mit denen ich bisher zu tun hatte.
Das gilt aber leider für alle Anbieter solcher Softwarelösungen, mit denen ich bisher zu tun hatte.
Hallo, DJSMP Ich nenne jetzt bewußt einen Anbieter nicht von dem ich persönlich weiß, daß er sehr viel Aufwand und Sachkenntnis investiert hat, um dem einstufenden Nutzer seines Programms eine plausible Vorauswahl an UNNR zu nennen. Und sich der Problematik durchaus bewußt ist. Aber generell stimme ich Ihnen zu; selbst was offizielle Datenbanken angeht. Die Ursache liegt nach meiner Erfahrung aber nicht im Unwillen oder in Unkenntnis der Software-Anbieter, sondern eher in der nicht immer stringenten Logik der Gefahrgutvorschriften innerhalb und über die VT hinweg. Jüngstes Beispiel: wie die deutschen Listengüter handstreichartig mit den Terrorgütern gleichgesetzt wurden, obgleich Zweck und Umstände nicht gleichsetzbar sind. Oder das Aufbrechen des Prinzips "1 Spalte = 1 Sachverhalt" in 3.2, indem mehrere Spalten mit gänzlich unterschiedlichen Sachverhalten (und Nomenklatur) bestückt werden. Oder, daß der Gesetzgeber international mal den Baumfisch zuweist, mal es sein läßt. Vielleicht wird es nach 17 Jahren Zeit für eine Strukturreform II? Gruß M.A.T.
Wenn das Bemühen erkennbar ist, dann bin ich ja voll und ganz beim Dienstleister, sehe über kleinere Unzulänglichkeiten hinweg und versuche so zu unterstützen, dass was Gescheites bei raus kommt.
Wenn ich dann aber mit meinem Kunden vor der Software stehe, die auf Grund von Mischungsverhältnissen eine n.a.g. Position auswürfelt und es sich um eine 80%ige Aceton-Lösung mit den gleichen Eigenschaften wie der Reinstoff handelt, dann werde ich schon mal hibbelig. Und wenn ich dann am Telefon mit dem Softwarehersteller den Fall durchgehe und dort kein blasser Dunst von der Regel Originaleintrag + Ausdruck Lösung besteht und mir dann gesagt wird, dass man das nicht ändern könne dann...
Ich bin übrigens sehr interessiert an Ihrem "bemühten Dienstleister" und würde mich über eine PN freuen.
Nun muss man aber auch noch sagen, dass die Vorauswahl an UN-Nummern nicht immer hilft. Einer meiner Kunden hat über 500 relevante Produkte, Da kann man nicht bei jedem Produkt händisch auswählen, sondern muss die Entscheidung der Software überlassen. Eine EHS-Abteilung mit einem riesigen Personalstamm haben sicher nur die wenigsten Unternehmen zur Verfügung.
Insgesamt drifften wir etwas vom Ursprungsthema ab. Als Schelte für alle Softwareanbieter dieser Welt war der Thread sicher nicht gedacht. Daher schon mal: Sorry!
...Einer meiner Kunden hat über 500 relevante Produkte, Da kann man nicht bei jedem Produkt händisch auswählen, sondern muss die Entscheidung der Software überlassen. ...
Warum nicht? Die gefahrgutrechtliche Einstufung gehört für mich zur Produktentwicklung dazu. Werbebroschüren überlässt man ja auch keiner halbautomatischen Software, sondern bemüht entsprechende Fachkräfte. Software ist für mich unterstützendes Werkzeug, die Fachkompetenz sollte allerdings beim Bediener liegen und der trägt dann auch die Verantwortung für seine Handlung. Warum wird für die Erstellung eines Sicherheitsdatenblattes wohl eine fachkundige Person gefordert und keine Fachsoftware?
Zuletzt bearbeitet von tiefflieger; 24.07.201706:30.